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aibdiese unerhörte Zumutung ist nach Form und Inhalt gleichweit be-
eidigend.
Niemals werden wir freiwillig auch nur das kleinste Stück Erde
hergeben, über dem die hehre Reichskriegsflagge weht. Von dieser Stätte,
die wir mit Liebe und Erfolg seit siebzehn Jahren zu einem kleinen
Deutschland über See auszugestalten bemüht waren, wollen wir nicht
weichen! Will der Gegner Tsingtau haben, so mag er kommen es sich
holen. Er wird uns auf unsern Posten finden!
Der Angriff auf Tsingtau steht bevor. Gut ausgebildet und wohl
vorbereitet können wir den Gegner mit Ruhe erwarten.
Ich weiß, daß die Besatzung von Tsingtau fest entschlossen ist, treu
ihrem Fahneneide und eingedenk des Waffenruhmes der Väter, den Platz
bis zum Aeußersten zu halten. Jeder in zähem Widerstande errungene
neue Tag kann die unberechenbarsten günstigsten Folgen zeitigen!
Zu stolzer Freude gereicht es uns, daß nunmehr auch wir für Kaiser
und Reich fechten dürfen, daß wir nicht dazu verurteilt sind, tatenlos
bei Seite zu stehen, während unsere Brüder in der Heimat in schwerem
Kampfe stehen.
Festungsbesatzung von Tsingtau!
Ich erinnere Euch an die glorreichen Verteidigungen Kolbergs, Grau-
denz und der schlesischen Festungen vor etwas mehr als 100 Jahren.
Nehmt Euch diese Helden zum Beispiel! Ich erwarte von Euch, daß ein
jeder sein Bestes hergeben wird, um mit den Kameraden in der Heimat
an Tapferkeit und jeglicher soldatischer Tugend zu wetteifern.
Wohl sind wir zur Verteidigung bestimmt, haltet Euch aber so vor
Augen, daß die Verteidigung nur dann richtig geführt wird, wenn sie vom
Geiste des Angriffs erfüllt ist. . »
Am 18. August habe ich Seiner Majestät drahtlich versichert, daß
ich einstehe für Pflichterfüllung bis aufs äußerste. Am 19. August habe
ich den Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät erhalten, Tsingtau bis
aufs Aeußerste zu verteidigen!
Wir werden Seiner Mojestät unserem Allergnädigsten Kriegsherrn
durch die Tat beweisen, daß wir des in uns gesetzten Allerhöchsten Ver-
trauens würdig sind.
Es lebe Seine Maoajestät der Kaiser!
Der Festungsgouverneur.
gez. Meyer-Waldeckl.
Aus diesen Worten spricht der Geist, den die Besatzung und ihre
Führer seitdem in heldenmütigen Kämpfen betätigt haben.
(Berl. N. Nachr., 22. Oktober.)
Beschießung eines dänischen Unterseebootes.
Kopenhagen, 21. Oktober.
Gestern nachmittag feuerte in internationalen Gewässern zwischen
Nakkehoved= und Kullen-Leuchtfeuer ein vorher nicht bemerktes Unter-
seeboot zwei Torpedos gegen das dänische Unterseeboot „Havmanden“, das
mit fünf Knoten Geschwindigkeit über Wasser fuhr. Kein Schuß traf.
Das Unterseeboot führte die Nationalflagge. Ein Unterseeboot unbe-
kannter Nationalität wurde am Nachmittag von Nakkehoved-Leuchtfeuer