Full text: der Weltkrieg 1914. Band 2. (1)

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funden hat, nichts weiter als eine plumpe Erfindung ist. Welches die 
„sichere Quelle“ ist, aus der das Aktenstück stammt, wissen wir nicht; eine 
amtliche Stelle in Deutschland ist jedenfalls mit ihm nie befaßt gewesen. 
Anscheinend rührt der Geheimbericht von einem französischen Agenten her, 
und die Veröffentlichung im Gelbbuch ist nur zu dem Zweck erfolgt, um 
Mißstimmung zwischen Deutschland und seinen Bundesgenossen hervorzu- 
rufen und die Neutralen, namentlich Holland und Dänemark, gegen 
Deutschland aufzuhetzen. 
Die ganze Unwahrheit dieses Machwerks wird dadurch gekennzeich- 
net, daß darin als Ziel der deutschen Politik hingestellt wird, die Herr- 
schaft des Deutschtums über die ganze Welt auszubreiten, die kleinen 
Völker zu unterdrücken und alte Gebiete, die vor Jahrtausenden einmal 
zum Deutschen Reiche gehört haben, wie Burgund und das Baltikum, für 
Deutschland zurückzuerobern. Kein ernster Mann in Deutschland hat 
jemals solche Phantasien gehegt. 
Ebenso lächerlich sind andere im ersten Kapitel des Gelbbuches ent- 
haltene Versuche, durch amtliche Berichte französischer Vertreter in 
Deutschland eine deutsche Gefahr für den Weltfrieden glaubhaft zu 
machen. Unterzieht man die Dokumente, durch die eine angeblich seit 
Jahren vorhandene Kriegslust Deutschlands bewiesen werden soll, einer 
näheren Prüfung, so findet man, daß es sich in erster Linie um Berichte 
der Militär= und Marineattachés handelt, die offenbar auf Mitteilungen 
sehr fragwürdiger Agenten beruhen. Würde die deutsche Regierung ebenso 
verfahren, so ließe sich allein mit solchen Schriftstücken ein dickes Buch zu- 
sammenstellen. Wir könnten zum Beispiel einen Bericht des Militär- 
attachés der kaiserlichen Botschaft in Petersburg vom 10. August 1910 
unführen, in dem auf das Zunehmen der auf einen Angriffskrieg mit 
Deutschland hinzielenden Bestrebungen im russischen Heere hingewiesen 
wird. Der Militärattaché war zu seinem Berichte durch einen Artikel 
im amtlichen russischen Militärorgan „Der Invalide“ veranlaßt worden, 
der „Gedanken zum 500jährigen Jubiläum des allslawischen Sieges über 
die Teutonen“ entwickelte. Der allslawische Sieg in einem Angriffzkriege, 
von dem der Artikel handelte und dessen Wiederkehr der Verfasser, Oberst 
im russischen Generalstabe Eltschaninow erhoffte, war die Schlacht bei 
Tannenberg am 15. Juli 1410.“ 
Die Verfolgung der Russen. 
Amtlich. Großes Hauptquartier, 18. Dez., vorm. 
Der Kampf bei Nieuport steht günstig, ist aber noch nicht beendet. 
Angriffe der Franzosen zwischen La Bassée und Arras sowie beider- 
seits der Somme scheiterten unter schweren Verlusten für den Gegner. 
Allein an der Somme verloren die Franzosen 1200 Gefangene und min- 
destens 1800 Tote. Unsere eigenen Verluste beziffern sich dort auf noch 
nicht 200 Mann. 
In den Argonnen trugen uns eigene gut gelungene Angriffe etwa 
750 Gefangene und einiges Kriegsgerät ein. 
Von dem übrigen Teile der Westfront sind keine besonderen Er- 
eignisse zu melden.
	        
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