Full text: Kriegswucherstrafrecht.

60 
  
ungünstig beeinflussen. Die Berücksichtigung dieser Momente fordert die 
Preis Steig VO. selbst. Denn sie verweist zur Beurteilung der Frage der Über- 
mäßigkeit des Gewinns ausdrücklich auf die „gesamten Verhält- 
nisse"“. In dieser Beziehung ist nun aber folgendes zu beachten: 
a) Die Rentabilität eines jeden kaufmännischen Unternehmens ist 
davon abhängig, daß der Um satz in einem entsprechenden Verhältnis zu den 
Kosten steht. Erst mit der Größe des Umsatzes finden die Kosten ihre ent- 
sprechende Verteilung. Deshalb wird ein kaufmännisches Unternehmen nur 
dann als gesund und rentabel angesehen, wenn es jährlich die Tendenz zum 
Wachsen zeigt, und zwar wird ein jährliches Anwachsen um mindestens 8 bis 
10 75 in der Regel als erforderlich erachtet.:6) Daraus ergibt sich, daß nur 
bei einem Steigen, zum mindesten einem Gleichbleiben des Umsatzes im Kriege 
mit den bisherigen Verdienstsätzen auszukommen ist. Dabei kommt es auf den 
Umsatz nicht qua Geldmenge, sondern qua Warenmenge an, d. h.: wird eine 
geringere Warenquantität als im Frieden umgesetzt, so muß sie auch ent- 
sprechend höher zum Geschäftsgewinn beitragen, was eben eine Erhöhung 
des Gewinnzuschlags erforderlich macht. 
b) Der Spesenetat hat vielfach durch die allgemeinen Wirtschafts- 
verhältnisse (höhere Löhne usw.) eine nicht unerhebliche Steigerung er- 
fahren.??) Dazu treten die höheren Steuern, die, soweit sie den Bruttogewinn 
belasten (wie die Warenumsatzsteuer), nicht erst den Kapitalzuwachs (wie 
die Kriegssteuer), ebenfalls zu berücksichtigen sind.s) 
Jc) Aber auch das Risiko des kaufmännischen Geschäfts ist mehrfach 
durch die Wirtschaftsverhältnisse der Kriegszeit stark angespannt worden. 
Darüber, daß bei jeder Kalkulation eine Risikoprämie eingerechnet werden 
  
26) S. Wernicke, Das Waren= und Kaufhaus, Leipzig 1913, S. 107, 116; 
Töndury, Die Kalkulation im Warenhandel, Stuttgart 1912, S. 8. Vgl. quch 
Jul. Hirsch bei v. Wiese a. a. O. S. 331. 
27) Erhöhte Lasten führten auch im Frieden zur Erhöhung des Durchschnitts- 
aufschlages, s. Wernicke a. a. O. S. 111; Gerson a. a. O. S. 71. 
„8) Die Berücksichtigung der Geschäftsunkosten entsprechend ihrer in der- 
Kriegszeit erwachsenen Höhe erkennt auch das RG. ausdrücklich an (IV. Senat 
vom 12. Mai 1916, JW. 1916 S. 1132 sub 30; III. Senat vom 29. Januar 1917, 
E. 50 S. 232 auf S. 233 und Lobe, „Preissteigerung, Handel und Reichs- 
gericht“" S. 5), wenngleich es Geschäftsunkosten, die im Verhältnis zu dem gegen- 
wärtigen Geschäftsumfang wirtschaftlich nicht sachgemäß erscheinen, unberücksichtigt 
lassen will. (S. Lobe a. a. O. S. 6.) Nimmt man „vwirtschaftlich nicht sach- 
gemäß“ als im wesentlichen gleichbedeutend mit „wirtschaftlich überflüssig“ — und 
dazu dürften die von Lobe a. a. O. gebrachten Beispiele berechtigen —, so wird 
gegen diese Einschränkung nichts einzuwenden sein. Ungerechtfertigt wäre es aber 
dem Kaufmann die Berücksichtigung derjenigen Unkosten zu verwehren, die er not- 
wendig aufwenden muß, weil er zu ihrer Ersparung außerstande ist. Soll er sein 
Geschäftslokal lediglich deshalb aufgeben, weil der zur Zeit beschränkte Verkauf 
sich auch in einem billigeren Lokal ausführen läßt? Soll er bei einem Marken- 
artikel, den er zur Zeit nur in beschränktem Umfange absetzen kann, die gewohnte 
umfangreiche Reklame völlig einstellen, deren der Artikel bedarf, um im Gedächtnis 
des Publikums zu bleiben?
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.