262 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
behörde durch gesetzmäßige Anordnungen zu ersetzen oder den gesetz-
lichen Vorschriften entsprechend abzuändern.
Gegen diese Anordnung findet binnen zwei Wochen die Beschwerde
an die höhere Verwaltungsbehörde (in Preußen nach Ausf. Anw.
—*“ im Landespolizeibezirk Berlin Oberpräsident) statt
(§ 134 f.).
Als nicht vorschriftsmäßig erlassen gilt die Arbeitsordnung bei Nicht-
mitellng an die Arbeiter oder Nichtanhörung des Arbeiterausschusses
134).
Den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufend ist, wenn ihr Inhalt
nicht notwendige oder unzulässige Bestimmungen enthält. Ob Ersatz
oder Abänderung der mangelhaften Arbeitsordnung vorzunehmen ist,
ist dem Arbeitgeber überlassen. Bei Abänderung ist die Form des
Nachtrages zu wählen, welcher frühestens 2 Wochen nach dem Erlaß
erst in Geltung gesetzt werden kann (§ 134 a Abs. 3, 4). Die fehlende
Anhörung der Arbeiter kann nachgeholt werden.
5. Verbot bezw. Beschränkung von jugendlichen Arbeitern
und Arbeiterinnen in Fabriken.
Jugendliche Arbeiter heißen Kinder bis zu 14 Jahren und
junge Leute zwischen 14 und 16 Jahren (§ 135 Abs. 1).
Kinder, die noch nicht 13 Jahre alt oder schulpflichtig sind, dürfen
in Fabriken überhaupt nicht beschäftigt werden. Im Alter bis zu
14 Jahren darf die Beschäftigung 6 Stunden und im Aller von
14—156 Jahren 10 Stunden täglich nicht überschreiten (§ 135 Abs. 2, 3).
Der Beginn der Arbeitszeit der jugendlichen Arbeiter darf nicht vor
5½⅛ Uhr morgens und das Ende nicht über 8 ⅛½ Uhr abends dauern.
Zwischen den Arbeitsstunden müssen regelmäßige Pausen gewährt
werden. Bei sechsstündiger Arbeitszeit muß die Pause mindestens eine
halbe Stunde betragen. Bei längerer Beschäftigung sind grundsätzlich
drei zu gewähren. Zur Nachtzeit, an Sonn= und Festtagen dürfen sie
überhaupt nicht beschäftigt werden.
Arbeiterinnen dürfen in Fabriken nicht von 8⅛/ Uhr abends
bis 5½⅛ Uhr früh, an Sonnabenden und Vorabenden der Festtage
nicht nach 5⅛ Uhr abends beschäftigt werden. Wöchnerinnen dürfen
4 Wochen nach der Entbindung gar nicht, in den beiden nächsten
Wochen nur mit ärztlicher Erlaubnis in den Fabriken arbeiten (§ 137).
Bei Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern
in Fabriken hat der Arbeitgeber vor dem Beginn der Beschäftigung
der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen. Die An-
zeige muß die Bedingungen der Beschäftigung (Tage der Beschäftigung,
Beginn und Ende, Art derselben) enthalten.
Ausnahmen von vorstehenden Bestimmungen können bei Natur-
ereignissen oder Unglücksfällen, welche die Fabrik betroffen haben, auf
die Dauer von 4 Wochen von der höheren Verwaltungsbehörde, auf
längere Zeit durch den Reichskanzler zugelassen werden (8 139.)
Der Bundesrat ist ermächtigt, bezüglich der Beschäftigung von
Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern sowohl weitere Beschränkungen
als auch weitergehende Dispensationen anzuordnen (§ 139a). Die