Titel II.
Don den KZechten der Hreußen.
Die Rechte der Preußen.
1. Die Aufnahme von Bestimmungen über die öffentlichen Rechte
der Staatsangehörigen in das Staatsgrundgesetz ist bekanntermaßen
keine Besonderheit der preußischen, sondern ein typischer Wesenszug fast
jeder Verfassungsurkunde; es zeigt sich hierin ein gemeingültiger kon-
stitutioneller Brauch, in dessen Befolgung namentlich die älteren, vor
und um 1848 entstandenen Verfassungen übereinstimmen und der auf
der Anschauung beruht, daß eine richtige Verfassung nicht nur — und
nicht einmal in erster Linie — die Organisation des Staates zu regeln,
sondern vor allem auch dauerhafte Schranken zwischen Staat und In-
dividuum aufzurichten und in Erfüllung dieser letzteren Aufgabe einen
eigenen Abschnitt zu enthalten habe, worin die Freiheit der Einzelnen
vom Staat durch Zusicherung subjektiver Rechte — „Menschen= und
Bürgerrechte", „Grund-“, „Freiheitsrechte"“ — verbrieft wird. Zuerst
ist dieser Brauch in Nordamerika ausgekommen, als die dortigen, nach-
mals zur Union verbündeten Einzelstaaten um die Zeit der Unabhängig-
keitserklärung sich ihre Verfassungen gaben, in denen durchweg neben
und vor den Satzungen über die Form und Einrichtung des Staates
ausführliche „Erklärungen der Rechte“ erschienen (Jellinek, die Erklärung
der Menschen= und Bürgerrechte, 2. Aufl. 1904). In Nachahmung
dieses amerikanischen Vorbildes hat dann die französische Konstituante
ihre declaration des droits de Fhomme et du citoyen beschlossen,
welche den Verfassungen der Revolutionszeit, zunächst der von 1791,
iartikuliert wurde und mit wesentlichen Teilen ihres Inhalts in sämt-
liche kontinentalen Verfassungen überging. Auch die der preußischen Ver-
fassung zeitlich voraufgehenden Konstitutionen der deutschen Mittel= und
Kleinstaaten bringen solche Verzeichnisse der Rechte und Freiheiten, welche
aber weniger deutlich auf die Gestaltung des II. Titels eingewirkt haben
als der analoge Abschnitt der belgischen Verfassung (des Belges et de