522 Artikel 29, 30. Das RVG als Kodifikation.
eines Ausländers aus einer Versammlung, an welcher Reichsangehörige
teilnehmen, verlangt, niemals aber diese Versammlung nur wegen der
Anwesenheit von Ausländern aufgelöst werden (so die Erklärung des
Staatssekretärs, Komm Ber 10 und der angeführte preußische Min Erl
vom 13. Mai 1908, Stier-Somlo 246. Vgl. auch Loening a. a. O. 165).
Polizeimaßregeln gegen Ausländer, die nach vorstehenden Aus-
führungen unzulässig sind, werden nicht, wie Delius 521 meint, ge-
deckt durch das der Polizei dem Ausländer gegenüber zustehende Aus-
weisungsrecht: eine Machtvollkommenheit, welche als „maius“ des
„minus“ der Befugnis zur Beschränkung der Versammlungs- und
Vereinsfreiheit in sich schließe. Diese Deduktion geht, worauf auch
Wolzendorff, VüArch 18 525 hinweist, fehl, denn das Verbot, an
einer Versammlung oder einem Verein teilzunehmen, ist der Landes-
verweisung gegenüber kein minus, sondem eine rechtlich eigenartige
Maßregel, ein aliud. Mit demselben Recht wie die Versagung der
Vereins- und Versammlungsfreiheit könnte man das Recht zur Ver-
hängung jeder beliebigen Polizeischikane als in und mit der Ausweisungs-
befugnis gegeben ansehen. —
Das RVG regelt seine Materie kodifikatorisch, exklusiv. Diese
Materie deckt sich mit der des vormaligen Pr V, es ist das Vereins-
und Versammlungspolizeirecht (beweisend hierfür sind die Worte
„polizeilich nur . .“ im 8 1 Abs. 1 Satz 2 RVG). Die auf die
Vereins= und Versammlungspolizei bezüglichen Normen des Landes-
rechts sind, soweit sie nicht durch das RVG selbst — # 24 — aus-
drücklich aufrechterhalten sind, in complexu aufgehoben, während die
einschlägigen Reichsgesetze (oben S. 518) nur in einzelnen Bestimmungen
(RVG 9 23) beseitigt, im übrigen aber bestehen geblieben sind. Hiernach
sind gegenwärtig
a. spezifisch vereins= und versammlungspolizeiliche Maß-
regeln, d. h. solche, die gegen eine Personenmehrheit lediglich aus dem
Grunde verhängt werden, weil diese von ihrem Vereins= oder Ver-
sammlungsrecht Gebrauch macht (vgl. oben 517), nur gestattet, soweit
das RV0, ein anderes Reichsgesetz oder ein durch RVG #524 aus-
drücklich aufrechterhaltenes Landesgesetz sie vorschreiben oder zulassen.
Dagegen steht das R#
b. allgemeinpolizeilichen (oben 211, „09, 517, 521), sowie
c. solchen Beschränkungen der Vereins- und Versammlungsfreiheit,
welche überhaupt nicht polizeilicher Natur sind, grundsätzlich nicht,
sondern nur insoweit entgegen, als es sie auedrücklich verbietet.