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verschiedenen Eigenschaften derselben Person liegt. Wir hörten,
die Redefreiheit bilde die Regel, ihre Beschränkung die Ausnahme.
Dies gilt nach objektivem Rechte: Die Freiheit wird vermutet
und ist nicht erst durch ein Ermächtigungsgesetz zu begründen, die
Beschränkung, als die Ausnahme, wird nicht vermutet, bedarf
besonderer Norm und ist immer begrenzt. Für den einzelnen Be-
amten als Subjekt von Rechten und Pflichten kehrt sich diese
Regel insofern um, als der Ton auf der Pflicht ruht. Bei all
seinen irgendwie an die Oeffentlichkeit tretenden Lebensfunktionen,
zumal bei seinen öffentlichen Kundgebungen besteht für ihn die
oberste Rücksicht auf seine Stellung als Beamter und insbesondere
auf sein innegehabtes Amt. Er ist in dieser ganzen Sphäre primo
loco Beamter, secundo loco Privatmann. Die Grenze wird nicht
durch das Amtslokal, die Amtszeit und nicht einmal nur durch
die Amtsgeschäfte genau gekennzeichnet. Es ist nicht so, als ob
der Beamte, wenn er nach Amtsschluß das Bureau verläßt, auf-
hörte, Beamter zu sein. Er ist es vom Dienstantritt an zu jeder
Zeit und bleibt im Banne dieses Verhältnisses in einzelnen Be-
ziehungen (Amtsverschwiegenheit, achtungswürdiges Verhalten)
sogar nach Auflösung des Dienstverhältnisses, im Ruhestande.
Diese Umkehrung in der Bewertung der beiden Persönlich-
keitssphären erklärt sich aus dem einfachen Umstande, daß das
Dienstverhältnis nicht nur und nicht einmal in erster Linie jenen
negativen, freiheitbeschränkenden Inhalt hat, sondern daß es vor
allem einen positiven Inhalt hat, daß es ein Arbeitsverhältnis ist.
Der Beamte ist nicht ein bloßer Würdenträger, das Amt keine
Sinekure, sondern das Amt ist ein bestimmter Kreis von Arbeits-
pflichten und der Beamte ist vor allem der Inhaber und Träger
dieses Pflichtenkreises und diese Eigenschaft ist sein Beruf. Seine
Rechte, und zwar sowohl seine Amtsvollmachten wie auch seine
persönlichen materiellen Rechte (Gehalt-, Pension- usw. -Rechte)
sind ihm nicht nur als Ausgleich für die auferlegten Beschrän-