Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

94 — 
Das Petrinische Thronfolgegesetz hatte nun thatsächlich 
nachdrücklichen Einfluss das ganze Jahrhundert hindurch: Nach 
dem Tode Prrers Des Grossen wurde KarHarına ]. zur Kaiserin 
erhoben, auf Grund des vermutheten stillschweigenden Testa- 
mentes des Zaren, das man in der vom Kaiser der Kaiserin 
gewährten Krönung ausgedrückt wissen wollte Neben der 
Kaiserin war bekanntlich der Enkel des Kaisers, ein Sohn des 
verurtheilten Kronprinzen Arzxrı vorhanden, nämlich der nach- 
malige Kaiser Prrer 11. 
Karuarına I. machte von dem Petrinischen Thronfolgegesetz 
ausdrücklichen Gebrauch; aber gleichzeitig nahm sie für sich 
dabei ein Recht in Anspruch, das dem Throngesetz ihres Gemahls, 
auf das sie sich berief, zweifellos widersprach, denn sie errichtete 
eın Testament, in dem sie den nachmaligen Kaiser Prrrr 11. 
zum nächsten Nachfolger einsetzte, diesem hatte dessen Descen- 
denz zu folgen, nächstdem die Tochter der Kaiserin: Anna Vox 
Horsteın und deren Descendenz, nach deren Aussterben dann 
die zweite Tochter der testirenden Kaiserin, die nachmalige 
Kaiserin EuisasertH, thronberechtigt wurde. Hier war also in 
Ausführung des Petrinischen Gesetzes testamentarisch ein 
ganzes Lineal- (und wahrscheinlich) Primogenitursystem entwor- 
fen, das selbstverständlich dem Grundprincip des Petrinischen 
Gesetzes widersprach, dem gemäss nur der jeweilig herrschende 
Monarch über die nächste Thronfolgefrage zu entscheiden ver- 
mochte, denn es handelte sich dabei um eine factische Zweck- 
mässigkeitsfrage. Ihre Vermächtnissbefugniss gründete die Kai- 
serın dennoch, wie schon bemerkt wurde, auf das Gesetz ıhres 
Gemahls von 1722. 
Psrter Il. wurde 1727 Kaiser; 1730 starb er kinderlos. Von 
einer ordnungsmässigen Thronfolge war dieses Mal keine Rede 
mehr. Die stark gewordene Oligarchenpartei suchte für sich 
damals bekanntlich ein gefügiges Organ an der kurländischen 
Herzogin Anna, einer Bruderstochter des grossen Kaisers. Diese
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.