Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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zu sein, so scharf ausgeprägt wie auf dem Gebiete, welches der Verfasser 
zum Gegenstande seiner eingehenden historischen Studien gemacht hat. Dass 
der Rachegedanke — und dieser macht ja das innerste Wesen der Wieder- 
vergeltung aus — der menschlichen Natur von jeher bis heute innewohnt, 
davon kann man auch ohne umfassende geschichtliche Forschungen überzeugt 
sein. Aber lehrreich ist es, aus der Darstellung des Verfassers zu ersehen, 
welche Wandlungen dieser Gedanke im Laufe der Zeiten durchgemacht hat 
und wie langsam die Entwicklung vor sich geht. Die beiden ersten Ab- 
theilungen des Werkes führen die Geschichte bis in das 18. Jahrhundert 
fort, um vor Kanrt’s metaphysischen Anfangsgründen der Rechtslehre (1797) 
Halt zu machen. Dieser Schriftsteller und die weitere Entwicklung blieb 
der noch ausstehenden 3. Abtheilung vorbehalten. Der bisher bearbeitete 
Stoff ist in drei Theile gegliedert: I. das Recht der hauptsächlichsten Kultur- 
völker des Alterthums (Aegypter, Inder, Israeliten, Islamiten, Griechen und 
Römer); II. die Entwicklung des deutschen Rechts bis zur Carolina ein- 
schliesslich; III. das deutsche Strafrecht nach der Carolina bis zur Mitte des 
18. Jahrhunderts sowie die juristische und philosophische Strafrechtsliteratur 
vor Kant. Den Mangel der Uebereinstimmung in den Grenzen der beiden 
Abschnitte des III. Theils rechtfertigt G. damit, dass einerseits die neuere 
Strafgesetzgebung allgemein von der Mitte des vorigen Jahrhunderts datirt 
wird, dass dagegen andrerseits in der Literatur erst bei Kant ein Wende- 
punkt eintrat. Auf die Einzelheiten der mit zahlreichen Quellenbelegen 
unterstützten Darstellung, insbesondere darauf, mit welcher Hartnäckigkeit 
und Mannigfaltigkeit der Talionsgedanke in der Geschichte auftritt, kann 
hier nur hingewiesen werden, um das Buch dem unmittelbaren Studium zu 
empfehlen, Kleinfeller. 
Maasburg, Dr., M. Friedrich von: Geschichte der obersten 
Justizstellein Wien. (1749—1848) Grösstentheils nach amt- 
lichen Quellen bearbeitet. Zweite mehrfach ergänzte Auflage. (Mit 
sechs Portraits.) Prag 1892. Carl Bellmann’s Verlag. XI und 502 S. 
Der um die österreichische Rechtsgeschichte verdiente Verfasser hat 
das oben bezeichnete Werk in einer zweiten Auflage erscheinen lassen, deren 
wesentliche Erweiterungen es rechtfertigen, auf den werthvollen Inhalt des 
Buches hinzuweisen. — Die Entstehung der Centralbehörde, des gegenwärtigen 
„obersten Gerichts- und Kassationshofes*, führt auf die bedeutsamen Hand- 
schreiben der Kaiserin Maria Theresia aus dem Jahre 1749 zurück, in welchen 
die Nothwendigkeit einer Trennung der Justiz von der politischen Verwaltung 
ausgesprochen und eine Neuorganisation der Centralbehörden im Sinne dieser 
Trennung eingeleitet wurde. Die politischen und staatswirthschaftlichen An- 
gelegenheiten übernahm das nach preussischem Vorbilde benannte Directorium; 
die letzte Entscheidung in Civil- und Criminalsachen und zugleich die oberste 
Leitung der Justizverwaltung erhielt für die altösterreichischen und böhmischen
	        
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