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Länder in rechtlicher und religiöser Beziehung liessen die An-
wendung des internationalen öffentlichen wie privaten Rechts, wie
es im Verkehr der christlichen Staaten untereinander zur An-
wendung kam, ungenügend erscheinen. Dem Bedürfnisse nach
einem besonderen gesetzlichen Schutze wurde durch besondere
Verträge Rechnung getragen, in welchen den Angehörigen der
christlichen Staaten eine Ausnahmestellung insofern eingeräumt
wurde, als die orientalischen Staaten für sie die Herrschaft der
Gesetze ihrer Heimatstaaten und die Ausübung der zum Vollzug
derselben notwendigen Gerichtsbarkeit zugestanden. Der Ausdruck
Exterritorialität rechtfertigt sich insofern, als die Ausnahme-
stellung auf einer Suspension der territorialen Souveränität im
weitesten Umfange beruht.
Jeder Konsularbezirk bildet hienach ein Herrschaftsgebiet
für die gesamte Civil- und Strafgesetzgebung des von dem be-
treffenden Konsul vertretenen Staates; jeder Konsularbezirk ist
vom Standpunkte der Gesetzgebung dieses Staates aus als Inland
zu betrachten.
Aus diesem Rechte der Exterritorialität erklärt sich die all-
gemeine Gitigkeit der vor diplomatischen Agenten und Konsuln
im Orient abgeschlossenen Ehen auch für jene, welche die Gesetze
über die Form der Eheschliessung als Teil der öffentlichen Rechts-
ordnung betrachten und daher die Anwendung fremden Rechts
im allgemeinen vallkommen ausschliessen wollen.
Von einer Fiktion der Exterritorialität kann auch bezüglich
der Angehörigen der christlichen Staaten im Öriente nicht ge-
sprochen werden. Die besonderen Rechtsverhältnisse derselben
beruhen teils auf den Verträgen mit den orientalischen Staaten,
teils auf Gewohnheitsrecht und lokaler Uebung, lassen sich daher
auch nicht überall und für alle Fälle nach gleichen Grundsätzen
im Wege der Ableitung aus der Annahme, dass die Angehörigen
der einzelnen europäischen Staaten sich im Gebiete ihres Heimat-
staates befinden, bestimmen.
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