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zeugung stützt sich auf eine Vergleichung des Einführungsgesetzes
mit anderen Gesetzen und Entwürfen, inbesondere mit den ein-
leitenden Bestimmungen des italienischen Codice civile, und mit
den Eintwürfen, welche in Belgien erschienen sind. Die italienischen
und belgischen Bestimmungen umfassen das gesammte Privatrecht,
sie unterscheiden allgemeine Abtheilungen des Privatrechts, Per-
sonenrecht, Sachenrecht, ÖObligationenrecht u. s. w. und stellen
für jede Abtheilung Zuständigkeitsnormen fest. Wissenschaft
und Gerichtspraxis werden also in einen Käfig von Zuständigkeits-
normen eingesperrt. Für die nicht ausdrücklich bestimmten Fälle
sind die Ausleger scheinbar frei, aber wirklich nur frei in dem
Käfig, d. i. bei dem Aufsuchen von Zuständigkeitsnormen. Der
deutsche Gesetzgeber hat keine allgemeinen Bestimmungen für
allgemeine Abtheilungen gegeben; er hat nur für gewisse Ver-
hältnisse, bei welchen ihm eine vernünftige Lösung durch Ver-
weisung möglich erschien, eine Verweisung aufgestellt. Der Aus-
leger bleibt also frei in den nicht normirten Fällen, weil keine
gesetzliche Theorie ihn dieser Freiheit beraubt.
Die praktische Bedeutung dieser breiteren Auffassung zeigt
sich insbesondere bei dem Obligationen- und Handelsrecht, dem
Verkehrsrecht im engeren Sinn. Sucht man dabei nur Zuständig-
keitsnormen für Gesetze, so verirrt man sich in einem reinen
Mechanismus, bei welchem die Gesetze der Staatsbürgerschaft
und des Wohnsitzes der Parteien, die des Entstehungs- und des
Erfüllungsortes als eben so viele Räder ineinander greifen. Das
höchste Ziel ist dabei die relativ wenigst schlechte Wahl. Die
breitere Auffassung dagegen gibt Gelegenheit, das Verkehrsrecht
nach den Verkehrsansprüchen einzurichten. Dass auch bei dem
internationalen Prozessrecht und seinem Anhang, dem inter-
nationalen Konkursrecht, die freie Theorie zu Statten kommt,
und jedenfalls die schwierigsten Fragen in verständlicher Weise
umschreibt, habe ich in meinen früheren Arbeiten, wie ich hoffe
nicht ohne Erfolg, gezeigt.