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unabhängig von diesem F'RIEDRICH ZIMMERMANN aus in einer Ab-
handlung: „Ueber den Einfluss des Reichsgesetzes vom 6. Febr.
1875 auf das Ehescheidungsrecht durch landesherrliches Rescript ?°).
Hiernach erscheint die landesherrliche Scheidung, wenn die evan-
gelischen Landesherren dabei „ursprünglich“ auch nur die höchste
Gerichtsbarkeit ausübten, als Dispensation. Die Landesherren
waren die Rechtsnachfolger des Papstes. Vorbild war Trid. sess.
24 cap. 5 de reform. Unter dem Einfluss des Territorialismus
wurde die Scheidungsbefugniss — wenn auch nicht überall —
ein staatliches Hoheitsrecht und in gleicher Weise gegenüber den
Andersgläubigen angewandt. In einer Polemik gegen Hmscaius,
gegen den überhaupt die Abhandlung geschrieben ist, heisst es
sodann noch: eine Justizsache liegt nicht vor, weil eine Gnaden-
sache niemals als reine Justizsache erscheint. Desshalb kann
auch von einer Oabinetsjustiz nicht die Rede sein. Da dieses
landesherrliche Scheidungsrecht nach seinem jetzigen Umfang stets
den übereinstimmenden Antrag der Eheleute voraussetzt, so lässt
sich dabei auch nicht von einer streitigen Ehesache reden. Viel-
mehr liegt stets ein Vergleich der Eheleute vor, der aber, da er
in der Regel wegen Unauflöslichkeit der Ehe wirkungslos ist,
erst durch ausnahmweis ertheilte Genehmigung des Regenten
Gültigkeit erhält. In diesem Sinn citirt er 8 6 Nr. 5 des Einf.-
Ges. zur C.-P.-O.?!). In Summa: die Beseitigung der landes-
herrlichen Ehescheidung wäre eine Aenderung des materiellen
Ehescheidungsrechts und ist desshalb durch das Personenstands-
gesetz nicht gewollt.
Nunmehr trat WASSERSCHLEBEN mit seinem 2. Beitrag her-
vor: „Das Ehescheidungsrecht kraft landesherrlicher Machtvoll-
kommenheit“ 1880. Zunächst ergänzte er seine historischen Unter-
suchungen durch Mittheilungen über die ältere Mecklenburgische
0) Dove’s Ztschr. f. Kirchenrecht. 1879. XIV. S. 260 ff.
2!) „Unberührt bleiben die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über
das Verfahren bei Ehescheidungen auf Grund gegenseitiger Einwilligung.“