Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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Bei der Waareneinfuhr auf Eisenbahnen ist es der Zugführer 
oder sonstige Bevollmächtigte der Eisenbahnverwaltung, der bei 
Ueberweisung der Frachtgüter auf Ladungsverzeichniss die even- 
tuelle Haftung für die Entrichtung des höchsten tarifmässigen Ein- 
gangszolles zu übernehmen hat ($ 64 V.-Z.-G.)*!. Geht die Waare 
auf ein privates Zolllager oder wird sie auf ein Konto an- 
geschrieben, so geht der persönliche Zollanspruch auf den 
Lager- oder Konten-Inhaber über ($ 108 Abs. 2 V.-2.-G.)*. 
Bei Aufnahme der Waare in eine öffentliche Niederlage (88 40, 
974. V.-Z.-G.) erlischt der persönliche Zollanspruch auf den 
Waaren-Einbringer. Die oben erwähnte gegentheilige Annahme 
HAvENSTEIN’s entbehrt meines Erachtens der Begründung. Gegen 
die Fortdauer der Haftung des Niederlegers spricht schon die 
Fassung des $ 13 V.-Z.-G., nach welcher dem zollpflichtigen 
Waaren-Inhaber derjenige gleichsteht, der den zollpflichtigen 
Gegenstand aus einer Öffentlichen Niederlage entnimmt. In An- 
sehung der Entstehung einer persönlichen Zollschuld soll somit 
die öffentliche Niederlage dem Zollauslande gleichstehen*®. Die 
Haftung des Niederlegers würde voraussetzen, dass er die Gefahr 
des Untergangs oder Verderbs der Waare mit Bezug auf die 
Zollansprüche trüge, was nach der Bestimmung in & 103 Abs. 4 
V.-Z.-G. nicht der Fall ist. Wollte man aber auch mit HAvEn- 
STEIN annehmen, dass es sich hier um einen auf Billigkeit be- 
*1 Vgl. Eisenbahn-Zollregulativ $$ 17, 38 (Centralblatt für das Deutsche 
Reich von 1888 S. 577, 585). 
42 Vgl. Privatlager-Regulativ $ 4 (Centralblatt für das Deutsche Reich 
von 1888 S. 235), Konten-Regulativ 88 31ff. (Centralblatt für das Deutsche 
Reich von 1887 8. 594ff.). 
# Wenn allgemein gesagt wird, die Niederlagen seien „gewisser- 
maassen ad hoc exterritoriale Räume“, Enklaven des Auslands (v. Mayr 
in v. Stengel’s Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts Bd. II S. 948; 
Lasann a.a. 0. 8 121 Bd. I Ziff. 1 N. 2), so wird man sich hüten müssen, 
hieraus falsche Folgerungen zu ziehen. Nicht einmal Freiläger (freie Nieder- 
lagen) dürfen schlechthin als Ausland behandelt werden ($ 107 Abs. 2 
V.-2.-G.).