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Bei der Waareneinfuhr auf Eisenbahnen ist es der Zugführer
oder sonstige Bevollmächtigte der Eisenbahnverwaltung, der bei
Ueberweisung der Frachtgüter auf Ladungsverzeichniss die even-
tuelle Haftung für die Entrichtung des höchsten tarifmässigen Ein-
gangszolles zu übernehmen hat ($ 64 V.-Z.-G.)*!. Geht die Waare
auf ein privates Zolllager oder wird sie auf ein Konto an-
geschrieben, so geht der persönliche Zollanspruch auf den
Lager- oder Konten-Inhaber über ($ 108 Abs. 2 V.-2.-G.)*.
Bei Aufnahme der Waare in eine öffentliche Niederlage (88 40,
974. V.-Z.-G.) erlischt der persönliche Zollanspruch auf den
Waaren-Einbringer. Die oben erwähnte gegentheilige Annahme
HAvENSTEIN’s entbehrt meines Erachtens der Begründung. Gegen
die Fortdauer der Haftung des Niederlegers spricht schon die
Fassung des $ 13 V.-Z.-G., nach welcher dem zollpflichtigen
Waaren-Inhaber derjenige gleichsteht, der den zollpflichtigen
Gegenstand aus einer Öffentlichen Niederlage entnimmt. In An-
sehung der Entstehung einer persönlichen Zollschuld soll somit
die öffentliche Niederlage dem Zollauslande gleichstehen*®. Die
Haftung des Niederlegers würde voraussetzen, dass er die Gefahr
des Untergangs oder Verderbs der Waare mit Bezug auf die
Zollansprüche trüge, was nach der Bestimmung in & 103 Abs. 4
V.-Z.-G. nicht der Fall ist. Wollte man aber auch mit HAvEn-
STEIN annehmen, dass es sich hier um einen auf Billigkeit be-
*1 Vgl. Eisenbahn-Zollregulativ $$ 17, 38 (Centralblatt für das Deutsche
Reich von 1888 S. 577, 585).
42 Vgl. Privatlager-Regulativ $ 4 (Centralblatt für das Deutsche Reich
von 1888 S. 235), Konten-Regulativ 88 31ff. (Centralblatt für das Deutsche
Reich von 1887 8. 594ff.).
# Wenn allgemein gesagt wird, die Niederlagen seien „gewisser-
maassen ad hoc exterritoriale Räume“, Enklaven des Auslands (v. Mayr
in v. Stengel’s Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts Bd. II S. 948;
Lasann a.a. 0. 8 121 Bd. I Ziff. 1 N. 2), so wird man sich hüten müssen,
hieraus falsche Folgerungen zu ziehen. Nicht einmal Freiläger (freie Nieder-
lagen) dürfen schlechthin als Ausland behandelt werden ($ 107 Abs. 2
V.-2.-G.).