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waltungstätigkeit, welche nunmehr vom Minister bei der Entschei-
dung in streitigen Sachen geübt wird, kann überhaupt nicht mehr
als Verwaltungsrechtspflege betrachtet werden. Denn die bis-
herigen Entscheidungen des Ministers waren Urteile nur wegen der
dahinter zustehenden Zuständigkeit des Staatsrats, mit deren Weg-
fall sie die Fähigkeit, rechtskräftig zu werden, verloren haben #,
1I.
Die Trennung von Justiz und Verwaltung dem Deutschen Reiche
gegenüber.
Seit der Vereinigung des elsass-lothringischen Gebiets mit
dem Deutschen Reiche ist die Einheitlichkeit der Verwaltung,
welche zur Zeit der französischen Herrschaft bestand, beseitigt.
Mag man Elsass-Lothringen als einen besonderen Staat oder als
eine Provinz des Deutschen Reichs betrachten, es gibt einen Reichs-
fiskus und einen Landesfiskus, es gibt Landesbehörden und Reichs-
behörden. Daher tritt die Frage auf, welches Recht für die Ver-
teilung der Zuständigkeiten und die Zulässigkeit des Rechtswegs
massgebend sein soll, wenn es sich um die Rechtmässigkeit der
Anordnung oder Verfügung einer Reichsbehörde oder um An-
sprüche gegen das Reich handelt.
In einer Reihe von Einzelgesetzen sind besondere einheitliche
Vorschriften über die Zuständigkeit getroffen *®.
I. Die Frage, was zu gelten hat, wenn eine ausdrückliche
gesetzliche Regelung nicht erfolgt ist, wird in verschiedener Weise
beantwortet.
1. Nach der ersten, in einer Entscheidung des Reichsgerichts
vom 30. März 1903 *’ anerkannten und als herrschend bezeichneten
«5 0, Marur in STENGEL Wörterbuch II S. 750—752.
* 2.B. Reichsrayongesetz v. 21. Dezember 1871 (eingeführt in E.L. am
21. Februar 1872) $$ 26—29. 39. 42. Quartierleistungsgesetz v. 25. Juni 1868
(engeführt in E.L. am 14. Juli 1871) $ 17. Reichsbeamtengesetz v. 31, März
1873 88 149—155.
*" Entscheidungen in Zivilsachen Bd. 54 8. 198.