Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

— 11 — 
3. Diese beiden ersten Ansichten führen zu der Folgerung, 
dass dem Reiche gegenüber ein verschiedenes Recht über die 
Zuständigkeit der Behörden und die Zulässigkeit des Rechtswegs 
gilt. Ein einheitliches Recht wird dem Reiche gegenüber in zwei 
Entscheidungen des Reichsgerichts *” gefordert. Denn die gesetz- 
lichen Vorschriften über die Abgrenzung der Gebiete der Justiz- 
und Verwaltungsbehörden gehörten dem innern Staatsrechte der 
einzelnen Staaten an, hingen mit dem innern Staatsorganismus 
zusammen und dienten namentlich dem Schutze der Ausübung 
der Hoheitsrechte des Staats. Das Deutsche Reich sei aber ein 
von den einzelnen Bundesstaaten verschiedener Staat und besitze 
eigene Hoheitsrechte. Wenn daher ein Anspruch gegen das Reich 
auf einem zu dessen Zuständigkeit gehörenden Gebiete geltend 
gemacht werde, seien diejenigen Normen anzuwenden, welche nach 
allgemeinen staatsrechtlichen Grundsätzen über die Abgrenzung 
der Gebiete der Justiz und Verwaltung und über die Frage ge- 
geben seien, ob es sich um einen gerichtlich verfolgbaren Anspruch 
oder um eine Verwaltungsmassregel handle. 
II. Ich vermag mich der letzteren Anschauung nicht anzu- 
schliessen. Es ist unmöglich, allgemeine staatsrechtliche Grund- 
sätze über die Trennung von Justiz und Verwaltung aufzustellen, 
wenn die Anschauungen über den Staat so grundverschieden sind, 
wie die französischen und die deutschen: die französische An- 
schauung, welche in dem Staate auch in seinen vermögensrecht- 
lichen Beziehungen regelmässig ein hoheitsrechtliches Gebilde 
sieht, ist ganz unvereinbar mit der deutschen Lehre, welche den 
Staat in seinen vermögensrechtlichen Beziehungen als Fiskus den 
Zivilgerichten unterwirft. Wo aber keine Berührungspunkte vor- 
handen sind, lassen sich auch keine gemeinsamen Regeln ent- 
wickeln, und ich glaube daher, dass man sich für die erste oder 
die zweite Ansicht entscheiden muss. 
  
4% v1. Juli 1881 Entsch. in Zivils. Bd. 5 S. 40 f. v. 2. Februar 1884 Entsch. 
in Zivils. Bd. 11 S. 67—75.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.