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III.
Versuche einer anderweitigen Verteilung der Zuständigkeiten
vor Erlass der Reichsjustizgesetze.
Als die elsass -lothringischen Behörden zum grössten Teile
mit Beamten besetzt wurden, welche ihre juristische Schulung
ausserhalb Frankreichs erhalten hatten, machte sich ganz unwill-
kürlich das Bestreben geltend, dem deutschen Rechte Eingang in
Elsass-Lothringen zu verschaffen.
Bei der rentree des Appellationsgerichts Colmar vom 1. Ok-
tober 1873 berichtete der Generalprokurator SCHNEEGANS über
einen bereits dem Reichskanzler vorgelegten Gesetzesentwurf, durch
den gewisse „zweifellos der Justiz gehörige Materien“ dieser wieder
zugewendet werden sollten ?!. Der Generalprokurator führte aus,
bei der Regelung der Zuständigkeiten sei der Begriff der Unab-
hängigkeit beider Behörden falsch gegriffen worden, da jeder
Behörde verboten sei, nicht nur über die Akte der andern,
sondern auch über die aus diesen Akten hervorgehenden Streitig-
keiten zu erkennen und die Akte auszulegen. Die aus Verträgen
entspringenden privatrechtlichen Streitigkeiten gehörten, auch wenn
der Staat beteiligt sei, naturgemäss zum Gebiete der Justiz und
sollten durch das in Aussicht genommene Gesetz den Gerichten
zugewiesen werden. Allerdings habe der Staat mitunter in hohem
Masse ein Interesse an der Erfüllung dieser Verträge. Aber
diesem werde genügt, wenn der Staat, wie im Entwurfe vorgesehen
sei, mit der provisorischen Exekutive beliehen werde. Die Frage,
ob durch einen Verwaltungsakt Privatrechte verletzt worden seien
und hierfür Entschädigung geschuldet sei, enthalte keine Kritik
des Verwaltungsakts, sondern sei eine rein privatrechtliche Geld-
frage und es sei daher richtig, dass der Entwurf diese den Ge-
richten zuweise. Endlich sei es widersinnig, dass den Gerichten,
denen die Auslegung von Gesetzen, Verordnungen und Urkunden
ö1 Zeitschr. f. franz. Zivilrecht IV S. 149.
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 1. 8