Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

— 13 — 
III. 
Versuche einer anderweitigen Verteilung der Zuständigkeiten 
vor Erlass der Reichsjustizgesetze. 
Als die elsass -lothringischen Behörden zum grössten Teile 
mit Beamten besetzt wurden, welche ihre juristische Schulung 
ausserhalb Frankreichs erhalten hatten, machte sich ganz unwill- 
kürlich das Bestreben geltend, dem deutschen Rechte Eingang in 
Elsass-Lothringen zu verschaffen. 
Bei der rentree des Appellationsgerichts Colmar vom 1. Ok- 
tober 1873 berichtete der Generalprokurator SCHNEEGANS über 
einen bereits dem Reichskanzler vorgelegten Gesetzesentwurf, durch 
den gewisse „zweifellos der Justiz gehörige Materien“ dieser wieder 
zugewendet werden sollten ?!. Der Generalprokurator führte aus, 
bei der Regelung der Zuständigkeiten sei der Begriff der Unab- 
hängigkeit beider Behörden falsch gegriffen worden, da jeder 
Behörde verboten sei, nicht nur über die Akte der andern, 
sondern auch über die aus diesen Akten hervorgehenden Streitig- 
keiten zu erkennen und die Akte auszulegen. Die aus Verträgen 
entspringenden privatrechtlichen Streitigkeiten gehörten, auch wenn 
der Staat beteiligt sei, naturgemäss zum Gebiete der Justiz und 
sollten durch das in Aussicht genommene Gesetz den Gerichten 
zugewiesen werden. Allerdings habe der Staat mitunter in hohem 
Masse ein Interesse an der Erfüllung dieser Verträge. Aber 
diesem werde genügt, wenn der Staat, wie im Entwurfe vorgesehen 
sei, mit der provisorischen Exekutive beliehen werde. Die Frage, 
ob durch einen Verwaltungsakt Privatrechte verletzt worden seien 
und hierfür Entschädigung geschuldet sei, enthalte keine Kritik 
des Verwaltungsakts, sondern sei eine rein privatrechtliche Geld- 
frage und es sei daher richtig, dass der Entwurf diese den Ge- 
richten zuweise. Endlich sei es widersinnig, dass den Gerichten, 
denen die Auslegung von Gesetzen, Verordnungen und Urkunden 
ö1 Zeitschr. f. franz. Zivilrecht IV S. 149. 
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 1. 8
	        
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