Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

— 131 — 
V. 
Die Verfolgung der Beamten. 
Nach dem zur Zeit der Okkupation in Elsass - Lothringen 
geltenden französischen Rechte war die Verfolgung derjenigen 
Beamten, welche als agents du gouvernement zu betrachten waren, 
durch die Zulässigkeitserklärung des Staatsrats bedingt. Das den 
art. 75 der Verfassung des Jahres VIII beseitigende Dekret vom 
19. September 1870 ist in Elsass-Lothringen nicht mehr Gesetz 
geworden 3°; die einzige Aenderung des bisherigen Zustands be- 
stand in der Uebertragung der Verfolgungsermächtigung auf den 
Oberpräsidenten ($ 9 Abs. 3 Ges. v. 30. 12. 1871). Aber bald 
begann eine wechselvolle Geschichte. 
I. Die erste Stufe der weiteren Entwicklung begründet das 
Reichsbeamtengesetz vom 23. Dezember 1873 für die Reichs- 
beamten und diejenigen Landesbeamten, welche ein Dienstein- 
kommen aus der Landeskasse beziehen. An dessen $ 13 „Jeder 
Landesbeamte ist für die Gresetzmässigkeit seiner amtlichen Hand- 
lungen verantwortlich“ knüpft sich die Frage, ob mit ihm die 
garantie constituelle vereinbar ist. 
Aus den gesetzgeberischen Verhandlungen leitet LEONI®! 
das Weiterbestehen der garantie den dem Reichsbeamtengesetze 
unterstehenden agents du gouvernement gegenüber ab. Aber die 
gesetzgeberischen Verhandlungen lassen auch eine andere Auf- 
fassung zu 8, und dieser gegenteiligen Anschauung muss man sich 
anschliessen, wenn man die vollständige Verschiedenheit des durch 
art. 75 und des durch $ 13 begründeten Zustands erwägt. 
Nach art. 75 hatte die Verwaltung das Recht, ihren agent 
aus Zweckmässigkeitsgründen der Verfolgung zu entziehen. Er 
war daher von vornherein nicht verantwortlich, sondern wurde es 
  
®° ],G. Colmar v. 4. 2. 80 Jur. Zeitschr. f. E.L. V, 220. 
°! Verfassungsrecht von E.L. $ 51 S. 140. 
°®° R.G. v. 2. 11. 99 Jur. Zeitschr. f. E.L. XXV, 411. 
9%
	        
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