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III. Streitig ist, ob die Landesgesetzgebung berechtigt war,
das Erfordernis der Vorentscheidung, wenn es bei Einführung
der Reichsjustizgesetzgebung nicht bestand, durch ein späteres
Gesetz einzuführen. Es wird behauptet, der Wortlaut des & 11
E.G. z. G.V.G. „unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vor-
schriften“ beziehe sich nur auf solche Bestimmungen, welche am
1. Oktober 1879 bestanden hätten oder in Kraft getreten seien,
käme aber der späteren Landesgesetzgebung nicht zu gute®®. Für
das Bürgerliche Gesetzbuch ist die Fassung „unberührt bleiben
die landesgesetzlichen Vorschriften“ durch die authentische Inter-
pretation des Art. 3 E.G. z. B.G.B. in dem weiteren Sinne, dass
der Erlass neuer landesgesetzlicher Vorschriften zulässig sei, aus-
gelegt worden. Eine derartige Auslegung fehlt für die Reichs-
Justizgesetzgebung. Für sie führen aber zwei Entscheidungen des
Reichsgerichts #% zutreffend aus, es werde durch die Fassung
„unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften“ zu er-
kennen gegeben, dass eine umfassende, abschliessende Regelung
durch die Reichsgesetzgebung nicht beabsichtigt und deren Er-
gänzung durch die Landesgesetzgebung, und zwar die zukünftige
wie die gegenwärtige, für statthaft erklärt worden sei.
Es muss daher angenommen werden, dass es zulässig war,
in 8 39 A.G.z. B.G.B. zu bestimmen:
„Wird ein Beamter wegen einer Handlung, die er in Aus-
übung der ihm anvertrauten Gewalt vorgenommen hat, zivil-
rechtlich oder strafrechtlich verfolgt, so ist die vorgesetzte Be-
hörde befugt, die in $ 11 Abs. 2 E.G. z. G.V.G. bezeichnete
Vorentscheidung zu verlangen.“
Diese Vorschrift findet ihre Ergänzung in $ 11 E.G. z.G.V.G.:
die Vorentscheidung ist auf die Feststellung beschränkt, ob der
85 Wınmowskı-Levy $ 11 E.G. 2. G.V.G. Löwe St.P.O. (4. Aufl.) Anm '
zu $ 11 EG 2. G.V.G.
86 Urteil v. 30.6.82 Entsch. Zivils. VII 347. Urteil v. 14. 10.82 Entsch.
Zivils. VII 399.