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seren Rechtsgelehrten gegenüber der Frage der Rechtskraft in
der Verwaltung noch alles fehlt, was man einen Standpunkt nennt.
Wenn irgend etwas für uns feststehen muss, so ist es der
Zusammenhang der besonderen Eigenschaften des obrigkeitlichen
Ausspruches mit dem Verfahren, aus dem er hervorgeht.
Dass er erzeugt wird unter einer eigentümlichen Mitwirkung der
Beteiligten, für die er erlassen wird, das gibt ihm jene Stärke
und Festigkeit, welche die Rechtskraft bedeuten soll. Wie das
zu erklären ist, das ist dann weiter die Frage; aber von dem
Verfahren mit Parteien muss immer ausgegangen werden; res
judicata jus facit inter partes".
Nun hatte man gleichwohl den Versuch gemacht, auch an
dieser Selbstverständlichkeit zu rütteln. Es traf sich nämlich,
dass, während unsere junge Verwaltungsrechtswissenschaft noch
in vollem Streben und Ringen stand nach Klärung ihrer Be-
griffe, ein selbständig denkender Kopf sich an das Problem der
Rechtskraft in der Verwaltung machte, um auf seine Art die
Lösung zu finden; BERNATZIK hatte sein Buch: Rechtsprechung
und materielle Rechtskraft, 1886 erscheinen lassen. Von dem
Vorrecht selbständig denkender Köpfe, gründlich daneben zu
gehen, macht er darin starken Gebrauch. Die Rechtskraft ist
ihm nämlich ganz von selbst verbunden mit dem Rechtspre-
chungsakt, mit der Entscheidung d. h. dem obrigkeitlichen Aus-
spruch, durch welchen (im Gegensatz zur sogenannten Verfü-
gung) im Einzelfalle nur erklärt werden soll, was „gemäss einer
gegebenen abstrakten Rechtsnorm“ Rechtens ist. Ein „abstrakt
geregeltes Verfahren“ sollte freilich ordnungshalber vorausgehen.
Aber nicht dieses erzeugt die besondere bindende Wirkung des
Aktes, sondern lediglich sein eigentümlicher Inhalt, der logische
Schluss, „in welchem die Urteilskraft zum Ausdruck kommt“;
denn Logik gibt es nur eine. Der Rechtsprechungsakt wird
10 Statt aller Fuıstina in Verw.-Arch. IV 8.311: „Die Wirkungen der
res judicata sind die notwendige Folge eines prozessualischen Verfahrens.“