Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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aber selbst zu, schon seit 1550 habe sich das neue Eben- 
burtsrecht gebildet. Trotzdem fuhren, wie er selbst zugibt, die 
Juristen „bis in die zweite Hälfte des 17 Jahrhunderts“, 
also noch hundert Jahre weiter fort, zu behaupten, es existiere 
nicht. Für die Zeit nach 1550 ist ihre Behauptung dem- 
nach auch nach seiner Auffassung offenbar 
falsch. Ist sie aber für diese Zeit, wie REHM selbst zugeben 
muss, falsch, dann kann sie auch für die frühere Zeit falsch 
gewesen sein; ihr Zeugnis genügt jedenfalls nicht, 
um den Beweis zu führen, den er damit führen will. 
Dass aber die Behauptung der römischrechtlichen Literatur 
auch für die Zeit von 1450—1550 der Wahrheit nicht entspricht, 
erkennen wir, wenn wir unsern Blick von der grauen Theorie 
abwenden und ihn auf „des Lebens goldnen Baum“, nämlich auf 
die Praxis, lenken. Wenn die Anschauung richtig ist, das Eben- 
bürtigkeitsprinzip habe von 1450—1550 nicht bestanden, dann 
müssen wir in diesen Jahrenin den hochadligen 
Häusern Mengen von Heiraten mit Damen aus 
dem niedern Adel finden. Dasist aber nicht 
der Fall. SEYLER hat die Heiraten der zu den vier Grafen- 
kollegien gehörigen gräflichen Familien von 1400-1806 unter- 
sucht. Es fanden darin in diesem Zeitraum 868 Eheschlies- 
sungen statt. Von diesen hat Dr. WırrTına 39 (zum Teil un- 
richtig) als ungleich beanstandet, eine Zahl, die SEYLER auf 8 
herabmindert. Diese Ehen mit Damen aus dem niedern Adel 
fallen nun mit einer einzigen Ausnahme nicht in die von 
REHM als kritisch bezeichnete Zeit von 1450—1550, 
sondern in die Jahre zwischen 1674—1723, also in eine Periode, 
in der nach REHMS Auffassung das durch den Absolutismus 
hervorgerufene neue Ebenbürtigkeitsprinzip gerade in kräftig- 
  
  
® SEYLER, Historisch-genealogische Prüfung der von Dr. WIrTIng zu- 
sammengestellten unbeanstandet gebliebenen Ehen reichsständischer Grafen 
und Damen aus freiherrlichen Familien. Berlin 1897. S. 24.
	        
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