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Seine These müsste hiernach lauten: Alle Reichsstände
hatten die Absicht, das Ebenburtsrecht durchzuführen ;
verbindliches Recht ist esaber nur beidenen geworden,
die wirtschaftlich in der Lage, d.h. reich genug
waren, es auch faktisch durchzuführen. Dies allein wäre die
logische Konsequenz seiner Aufstellungen. Wenn er dann noch
eine Anleitung für den einzelnen Fall hinzufügen wollte, könnte
es nur die sein, dass er erklärte: bei welchen Häusern sich das
Ebenburtsrecht faktisch als rechtsverbindlich entwickelt hat, das
kann hiernach nur eine quaestio facti sein. Es
wäre zu untersuchen, ob es dem betreffenden Hause gelungen
ist, während einer gewissen Zeit es durchzuführen, so dass man
z. B. sagen könnte: sind in einem reichsständischen Hause wäh-
rend 100 Jahren nur ebenbürtige Ehen abgeschlossen worden,
dann hat es das Ebenburtsrecht durchführen können und es ist
darin zum verbindlichen Rechtsinstitut erwachsen. Statt dessen
verirrt sich REHM in Betrachtungen über die Virilstimmen, was
sie leisten könnten und faktisch doch nicht leisteten, so dass
seine Gedankengänge sich schliesslich in folgenden seltsam an-
mutenden Sätzen zusammenfassen lassen :
1) Die Reichsstandschaft ist die Wurzel des Ebenbürtig-
keitsprinzips, denn sie weckte in allen Reichsständen den Wunsch,
sich eherechtlich gegen den niedern Adel abzuschliessen.
2) Die Reichsstandschaft ist aber nicht ausreichend,
um diesen Wunsch in die Tat zu übersetzen; es musste vielmehr
eine Virilstimme hinzukommen.
3) Die Virilstimme ist aber auch nicht ausreichend
hierzu, sondern man musste auch wirtschaftlich in der
Lage sein, es durchsetzen zu können.
Und ohne weiteren Nachweis erklärt er schliesslich:
4) Wirtschaftlich hierzu imstande waren nur die kur-
und altfürstlichen Geschlechter.
Wie die Sache liegt, wenn ein Reichsstand ohne Viril-