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der Linie Castell-Rüdenhausen mit einer v. Vass (er
war aber auch in erster Ehe ebenbürtig verheiratet gewesen), die
andere, die des Grafen Friedrich Magnus (r 1717) mit
Augusta Fatima, einer getauften Türkin. Jedenfalls zeigt
die Ehepraxis des Hauses nichts, was von der derjenigen Häuser
abweicht, in denen das Ebenburtsrecht besteht.
Im altgräflichen Hause Dettingen finden wir im Mittel-
alter und zwischen 1450 und 1550 nur ebenbürtige Ehen; in den
späteren Zeiten bis 1806 finden wir unter 22 Ehen zwei un-
ebenbürtige: die des Grafen Friedrich mit Ursula
Heilbronner — die Descendenz wurde nicht anerkannt —
und die Karl Alberts mit einer Freiin v. Schwendi.
5. Ein ähnliches Bild finden wir, wenn wir die übrigen Reichs-
stände von altfreier Herkunft untersuchen. Ganz anders
wird es, wenn wir den Blick auf die aus dem
niederen Adel inden Hochadel aufsteigenden
Geschlechter richten. Bei ihnen allen sind natürlich
im Mittelalter und in der Zeit von 1450—1550 nur Ehen mit
dem niedern Adel abgeschlossen worden, da sie in dieser Zeit ja
selbst zum niedern Adel gehörten. Erst als sie im 17. und im
18. Jahrhundert durch Erwerb einer Reichsstandschaft in den
Hochadel eintraten, hätte bei ihnen die Frage entstehen können,
resp. es konnte, da es sich um ein Gewohnheitsrecht in den
meisten Fällen handelte, das Gefühl zu entstehen anfangen, dass
sie eigentlich nur ihresgleichen heiraten dürften. Gegen die Ent-
stehung dieser Rechtsüberzeugung sprach bei ihnen lange Zeit das
Bewusstsein, dass sie ja selber dem niedern Adel vor nicht zu
langer Zeit angehört hatten, dass sie ihre Frauen da aus dem
niedern Adel genommen hatten, dass das also in ihrer Familie
doch nicht etwas Verbotenes sein könne, umso weniger, da oft
nichtreichsständische Linien ihrer Familien neben ihnen standen,
die nach wie vor ihre Frauen aus ihren Kreisen nahmen. Ehe
das Ebenburtsrecht als Rechtsüberzeugung bei ihnen sich hätte