Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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wolle, werde der Justiz der grösste Schaden zugefügt; dem ge- 
wöhnlichsten Menschenverstande müsse es klar sein, dass das 
Unterhaus sich für eine derartige Funktion absolut nicht eigne. 
PALMERSTON forderte dann die Zurücknahme des damaligen An- 
trags mit dem Hinzufügen, Voraussetzung sei eine grobe Rechts- 
verdrehung infolge Verderbtheit, Absicht oder Unfähigkeit. Unter 
Unfähigkeit verstand PALMERSTON physische Unfähigkeit, nicht 
eine blosse Verirrung, nicht einen blossen Irrtum bei Ausübung 
der richterlichen Funktionen, vielmehr die Unfähigkeit eines so- 
lange im Aınte verbleibenden Richters, dass derselbe physisch 
unfähig ist, seine Pflichten zu erfüllen. 
Um mit dem heutigen Antrage durchzudringen, ist mithin 
prima facie eine moralische Pflichtvernachlässigung oder Verkehrt- 
heit des Richters nachzuweisen, oder intellektuelle, so dass Miss- 
verhalten im gewöhnlichen Sinne dieses Wortes vorliegt. Die 
Anstellung des Richters erfolgt für die Dauer seines guten Be- 
tragens. Nur auf dem Wege der Ungültigkeitserklärung seines 
Richterpatentes kann ein Richter entfernt werden; dies erfordert 
den Nachweis, dass er sich eines Missverhaltens schuldig gemacht 
hat, eines Missverhaltens im moralischen Sinne dieses Wortes. 
Ist dieser Nachweis hier erbracht worden? Man legt dem 
Richter Parteilichkeit zur Last; er soll derartig durch den Wunsch, 
einer der politischen Parteien zu dienen, beeinflusst gewesen sein, 
dass er diesem Wunsche zu Liebe klare Rechtsvorschriften un- 
beachtet liess. Wäre dies erwiesen, so würde das Unterhaus 
keinen Augenblick zögern, dem Antrage stattzugeben. Welche 
Alternative steht uns indessen offen, wenn der Beweis nicht er- 
bracht ist? Den Weg, welchen GLADSTONE den Weg der milderen 
Bestrafung durch eine Rüge nannte, können wir nicht beschreiten, 
das hiesse, den Richter, durch eine Rüge des Unterhauses in 
seiner richterlichen Tätigkeit gehemmt, in seiner hohen Stellung 
zu belassen, Es sei denn, dass wir vollständig davon überzeugt 
sind, dass die Parteilichkeit prima facie nachgewiesen wurde,
	        
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