Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

— 260 — 
Unparteilichkeit besitzen soll. Es ist von der grössten Wichtig- 
keit, dass ein Richter nicht bloss unparteiisch ist, sondern auch 
unparteiisch erscheint. Das Benehmen des hier fraglichen Richters 
war ein höchst bedauerliches. Gedankenlosigkeit wird wahrschein- 
lich zu Grunde gelegen haben. Würde der Richter sich klar 
gemacht haben, zu welchen Schlüssen seine Aeusserungen Ver- 
anlassung gaben, so würde er dieselben gewiss unterlassen haben. 
Zur weiteren Begründung des Antrags hat man auf mehrere 
humoristische Bemerkungen des Richters hingewiesen. Es ist 
sprichwörtlich, dass unter den verschiedenen Klassen von bons 
mots die richterlichen eine sehr niedrige Stelle einnehmen. Die 
dem richterlichen Humor entsprühenden Funken gewinnen un- 
gemein durch ihre Fassung und Umgebung; sie kommen aus einer 
höheren Sphäre und werden von denen, welche gezwungen sind, 
dieselben anzuhören, hingenommen, genossen und verziehen. Den 
richterlichen bons mots darf man nicht zu grosse Bedeutung bei- 
legen; die Versuchung ist für den Richter derartig überwältigend, 
dass er an die Möglichkeit einer ernsthaften Auslegung wohl nie- 
mals denkt. Wenn nun auch richterliche bons mots nicht zu 
scharf kritisiert werden dürfen, so ist es doch sehr zu bedauern, 
dass in unserem Falle der richterliche Humor eine Neigung zu 
Gunsten des Beklagten und eine Abneigung gegen den Kläger 
hervortreten liess. 
(Gilt es eine populäre Wahl anzufechten, so ist die Durch- 
führung der Klage eine höchst schwierige. Der Beklagte erfreut 
sich der Sympathie der ganzen Stadt; die Farben seiner Partei 
füllen den ganzen Gerichtssaal; Damen schauen beifällig lächelnd 
aus der Gallerie auf die Szene herab. Wenn der Richter der- 
artige Parteikundgebungen nicht in Schranken hält, sondern noch 
durch Bemerkungen der hier fraglichen Art fördert, entsteht für 
den Kläger die grösste Schwierigkeit, seine Anfechtungsklage zu 
begründen und bei der Zeugenvernehmung die Wahrheit festzu- 
stellen. Nach einer Mitteilung seitens einer bei der Verhandlung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.