Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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älteren Völkerrechtsliteratur fast durchweg herrschenden Anschau- 
ung, dass der Seeraub ein „crimen humani generis“ sei, das den 
Täter ächte und der Verfolgung jedes beliebigen Dritten aussetze, 
ist hier ebenso wenig weiterzukommen, wie mit der von STIEL 
zur Grundlage seiner Abhandlung gemachten juristisch nicht zu 
begründenden Bemerkung, dass „die seefahrenden Nationen sich 
zur Repression der unter dem Namen der Piraterie begrifienen 
Tatbestände rechtlich verpflichtet“ erklären!?. Das Gleiche könnte 
man auch von der Unterdrückung des Sklavenhandels oder von 
der in neuester Zeit erst geregelten Bekämpfung des Mädchen- 
handels behaupten; in beiden Fällen hat sich gezeigt, dass weder 
die allgemein anerkannte Verwerflichkeit des Unternehmens, noch 
die angeblich vorhandene „rechtliche Verpflichtung“ der Nationen, 
die man für beide Fälle mit dem gleichen Rechte als vorhanden 
hinstellen könnte und müsste, wie für den Seeraub, auch nur im 
geringsten genügt haben, um geordnete Rechtszustände zu schaffen. 
Es hat hierfür vielmehr erst einer ganzen Anzahl von Staats- 
verträgen bedurft, auf deren Grundlage sich die erforderliche 
Einheit des Verfahrens in den einzelnen Staaten erzielen liess. 
Da sich nun Rechtssätze des Völkerrechtes unabhängig von 
dem Rechte der einzelnen Staaten, oder diesem etwa entgegen- 
gesetzt, nicht bilden können, so lässt sich hiernach eine positive 
Grundlage für die völkerrechtliche Behandlung des Seeraubes nur 
gewinnen, wenn sich nachweisen lässt, dass das in der Literatur 
fast allgemein behauptete Vorgehen gegen Seeräuber -— Anhalten 
und Durchsuchung des Schiffes auch im Frieden, Festnahme von 
Schiff und Mannschaft, Strafbefugnis jedes Staates gegenüber dem 
„vogelfreien“ Seeräuber — sich auf eine allgemein gleichgerichtete 
Rechtsübung der Staaten stützt, die ihren Grund in einer ent- 
12 y, MARTITZ, internat. Rechtshilfe in Strafsachen I, 66. Der hierin 
liegende Gedanke kann lediglich als Motiv, nicht aber als Rechtsgrund in 
Frage kommen. Den Nachweis zu führen, worin die „rechtliche Verpflichtung“ 
besteht, wird v. MArTITZ kaum in der Lage sein.
	        
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