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rische Entgegenkommen totgeschlagen. Nach so manchem, was
bei den Verhandlungen zu Tage trat, war es vielleicht auch am
klügsten so. Aber von Wissenschaftlichkeit ist bei diesem Ver-
fahren natürlich keine Rede mehr.
Ill.
Die Aufgabe wird immer sein, den Begriff der Rechtskraft
auf seinen wesentlichen Kern zurückzuführen, oder wie man sagt:
ihn zu konstruieren. Dieses Wort hat ja keinen guten Klang.
Denn einerseits ist schon gar manches Luftgebäude damit auf-
geführt worden, das keinen Boden in der Wirklichkeit hatte.
Andererseits gibt es immer Leute, die selbst nicht konstruieren
können, weil ihnen die Gabe fehlt, klar bestimmte Gedanken-
bilder herauszuschälen und festzuhalten, und die dann nur all-
zugern die ganze Beschäftigung für verwerflich erklären. Gleich-
wohl werden wir nicht darauf verzichten können, so lange wir
überhaupt Rechtswissenschaft treiben. —
Die Rechtskraft nehmen wir wahr an unserem gerichtlichen
Urteil als eine diesem zukommende Eigenschaft. Und zwar ist
sie eine ihm ausschliesslich zukommende Eigenschaft d.h. sie
findet sich zwar nicht notwendig bei jedem Urteil, findet sich
aber jedenfalls bei keiner anderen Art von Rechtsakt als bei
dieser. Insofern ist sie eine das Urteil auszeichnende Eigen-
schaft.
Um uns die verschiedenen Eigenschaften des Urteils zu ver-
gegenwärtigen, werden wir naturgemäss vor allem die Bedeutung
ins Auge fassen, welche es hat auf seinem ursprünglichen Boden,
im Zivil- und Strafprozes. Nur dürfen wir nicht vergessen,
dass es hier erscheint in einem geschlossenen Kreis von Bedingt-
heiten, welche die eine oder andere Eigenschaft einseitig hervor-
treten lassen. In die reichere Mannigfaltigkeit von Gestaltungen
hineingestellt, welche die Verwaltung bietet, sehen die Dinge
ganz anders aus.
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