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zipiell alle Nationen gerichtetes Seeunternehmen“ bezeichnet.
Das ist ein an sich unzutreffender Ausdruck; nicht gegen die
Nation oder den Staat richtet sich das Seeunternehmen, sondern
gegen das einzelne Schiff. Gemeint ist wohl, dass der Seeräuber
bei seinen Angriffen ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit
des einzelnen Schiffes vorgeht; dafür ist der Ausdruck der De-
finition aber zu ungenau. Auch der von STIEL in die Definition
hineingebrachte Begriff der Gewerbsmässigkeit gehört zum Tat-
bestande des Seeraubes nicht **. Er ergibt sich weder daraus,
dass der Seeräuber seine Tätigkeit gegen Schiffe aller seefahrenden
Nationen richtet ?” — das ist prinzipiell auch der Fall, wenn er
wahllos, ohne daraus ein (3ewerbe machen zu wollen, das erste
beste Schiff aufgreift, dem er begegnet —, noch findet diese An-
sicht eine Stütze in dem Wortlaut der deutschen Bestimmungen
für den Dienst an Bord von 1903, wie STIEL ?® behauptet. Es
kann also ein Schiff, das nur einen einzigen Gewaltakt begeht,
sehr wohl auch als Seeräuber behandelt werden ??; die nach STIELS
Ansicht hier bestehende Lücke ist in der Tat gar nicht vorhanden.
Der gleiche Mangel an Uebereinstimmung über den Begrift
des Seeraubes, wie ihn die Literatur aufweist, zeigt sich in der
Behandlung dieser Frage durch die hierfür in Betracht kommen-
den Staaten ®'. Hier geht die Verschiedenheit der Rechtsauffas-
sung sogar noch ganz erheblich weiter, als in der Literatur; auch
STIEL 3! muss zugeben, „dass die Ausbeute, die die Marinegesetze
26 Diese Ansicht wird übrigens in der deutschen Literatur auch nur von
STIEL allein vertreten.
27 So STIEL a. a. O. 77.
22 2.2.0. 71. Der Ausdruck „Ausübung von Gewaltakten auf See“ setzt
nicht notwendig eine Mehrzahl von Gewaltakten voraus, wie dies STIEL
annimmt.
2? Auch nach dem deutschem Rechte (8 250, Ziff. 3 StGB.) gehört die Ge-
werbsmässigkeit nicht zum Tatbestande des Seeraubes.
9° Hierfür sei auf die eingehende Darstellung bei SrısL 17 ff., 31 ff.
hingewiesen.
si 2.2.0. 29.