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so unhaltbaren staatsrechtlichen Konsequenzen führt, wie es
der Begriff der „Denationalisierung“ des Seeräubers tatsächlich
tut 8,
In der Denationalisierung des Seeräubers findet die herr-
schende Liehre die gänzliche Loslösung des Seeräubers von dem
Staate, dem er ursprünglich angehört; ihre Folge soll die völker-
rechtliche Rechtlosigkeit desselben sein. Hiernach wäre zu un-
terscheiden zwischen der Denationalisierung des Schiffes und der
Denationalisierung der Mannschaft, die der Natur der Sache
nach nicht nach den gleichen Grundsätzen vor sich gehen könnte.
STIEL #° unterscheidet weiter noch eine faktische Denationalisie-
rung, die Trennung des Seeräubers von sich aus von dem Staate,
dem er zugehört, ein „Ereignis in der Psyche der betreffenden
Personen“, wie er es bezeichnet, und eine rechtliche Denatio-
nalisierung, die „Lockerung des rechtlichen Bandes, das das
Schiff und seine Besatzung mit dem Heimatlande verbindet“,
also juristisch das Ausscheiden von Schiff und Mannschaft aus
dem bisherigen Staatsverbande, da eine „Lockerung des recht-
lichen Bandes“ in anderer Weise rechtlich unmöglich ist. Auf
diese Unterscheidung wird unten näher eingegangen werden.
Dass über die Bedingungen, unter denen sich der Erwerb
und Verlust der Staatsangehörigkeit vollzieht, ausschliesslich
das innere Staatsrecht des einzelnen Staates entscheidet, ist eine
im Völkerrechte unbestrittene Tatsache; das gleiche gilt für die
rechtliche Beurteilung der Zugehörigkeit von Schiffen zu einem
#8 Mit aller Schärfe muss die juristische Konstruktion der Denationali-
sierung von STIEL 4.2.0. 10? zurückgewiesen werden, die dahin geht, dass
„eine Pertinenz ihren Pertinenzcharakter“ verliere. So „einfach“, wie STIEL
annimmt, ist die Sache nicht, denn abgesehen davon, dass diese Konstruktion
die von ihm ebenfalls behauptete Denationalisierung der Mannschaft nicht
decken würde, ist es juristisch fast mehr als ein Unding, ein Schiff als
„Pertinenz“ seines Heimatstaates anzusehen. Dieses Beispiel zeigt wieder
deutlich, dass vor einer Uebertragung zivilrechtlicher Begriffe in das Staats-
und Völkerrecht immer noch nicht eindringlich genug gewarnt werden kann,
2.2.0.7 £.