Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

— 293 — 
STIEL an anderen Stellen von einem anderen Gesichtspunkte dahin 
aus, dass der Staat ein Schiff aus beliebigen Gründen „durch 
Entziehung des Schutzes der Flagge allgemeiner Verfolgung aus- 
setzen“ könne, dass er insbesondere im Falle einer Revolution 
Nationalschiffen dadurch den Schutz der Flagge entziehen könne, 
dass er sie „mit der Absicht, sie allgemeiner Verfolgung aus- 
zusetzen, für Piraten erklärt“ %. Der Grundgedanke, der hierin 
liegt, ist völkerrechtlich unzulässig; die Konsequenzen, die sich 
hieraus ergeben, müssen schon darum unbedingt abgelehnt werden. 
Erkennt man den Satz, dass kein Staat die Integrität eines 
anderen Staates stören darf, für das Völkerrecht als gültig an ®”, 
so folgt hieraus zunächst einmal, dass der Staat für seine Untertanen 
nach dieser Richtung hin einzustehen hat, dann aber ebenso, 
dass er sich dieser Verpflichtung einseitig unter 
keinen Umständen dadurch entziehen kann, dass 
er Staatsangehörige, die sich gegen diese Vor- 
schrift vergangen haben, aus seinem Staatsver- 
hande ausscheidet. Das gilt für das Völkerrecht ganz 
allgemein, auch für die Lehre von der Piraterie, für die in dieser 
Hinsicht ein Rechtsgrund, der eine besondere Behandlung recht- 
fertigen oder verlangen würde, im geltenden Völkerrechte nicht 
aufzufinden ist. Die Behauptung STIELSs °, dass die Denationali- 
sierung des Seeräuberschiffes für den Staat „das Aufgehen der 
speziellen Pflicht des Heimatstaates zur Aufrechterhaltung einer 
Rechtsordnung an Bord in der allgemeinen Pflicht der Repression 
der Piraterie“ bedeute, ist, wie im vorstehenden dargelegt, gänz- 
%a.2.0. 89, 893. Unverständlich ist, warum — wenn STIELS Stand- 
punkt richtig wäre — die „Ablehnung der völkerrechtlichen Verantwortlich- 
keit“ für die Handlungen solcher Schiffe nicht die gleiche Wirkung sollte 
haben können, als die „Erklärung für Piraten“? Warum die Ablehnung 
im ersten Falle einseitiger sein sollte, als die Erklärung im zweiten Falle, 
ist nicht einzusehen, 
6° Das tut auch STIEL a. a.0. 84. 
2.2.0. 85. 
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 2. 20
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.