— 315 —
waltung haben, desto mehr Selbstverwaltung würde existieren
unabhängig von der Organisation jener Verwaltungen. Das Streben
nach Selbstverwaltung ist aber weder ein blosses Streben nach
Dezentralisation noch überhaupt notwendig ein Streben nach
solcher. Würde im preussischen Universitätswesen eine Dezentrali-
sation eingeführt, wodurch die zur Zeit dem Ministerium zukom-
menden Kompetenzen den Kuratoren der einzelnen Universitäten
als selbständigen Verwaltern des bestimmten Amtsgebiets über-
tragen würden, so wäre dies kein Fortschritt akademischer
Selbstverwaltung. Ein solcher wäre es dagegen, wenn be-
stimmte bisher dem Minister oder auch den Kuratoren der ein-
zelnen Universitäten zustehende Kompetenzen einer Konferenz der
Universitätsrektoren übertragen würden, da diese sowohl selbst
Universitätsangehörige als von solchen gewählt sind. Der Pro-
fessor ist sowohl Universitätsangehöriger als Staatsbeamter. Der
Student ist nur jenes. Und wer würde nicht die Beteiligung
eines Studentenausschusses an der Universitätsverwaltung als ein
‚Stück akademischer Selbstverwaltung ansehen unabhängig davon,
ob es sich um einen für die einzelne Universität kompetenten
Ausschuss aus ihren Studenten oder um einen allgemeinen für
alle preussischen Universitäten kompetenten Studentenausschuss
handeln würde. Es wäre dadurch akademische Selbstverwaltung
oder ein Einfluss der cives academici auf die Universitätsverwal-
tung auch dann gegeben, wenn jenem Ausschuss nur eine un-
massgebliche Beratung der Behörden, also keine eigne Kompetenz
und damit keinerlei juristische Persönlichkeit zukäme.
Dass Dezentralisation etwas anderes ist als Selbstverwaltung,
betont LABAND selbst, aber von seinem Standpunkt aus mit Un-
recht. Dass es in seinem Sinne keine Selbstverwaltung ohne
Dezentralisation gibt, wird LABAND nicht bestreiten; sind doch
nach ihm Gegenstände jener solche Angelegenheiten, die der Staat
durch einen Selbstverwaltungskörper besorgen lässt, während er
sie selbst besorgen könnte, was stets nur von bestimmten beson-