— 320 —
dem Staate in seiner Eigenschaft als Subjekt der Staatsgewalt
oder in seiner Eigenschaft als Fiskus zukommen. Als Subjekt
der Staatsgewalt soll er über dem Menschen stehen. Als Fiskus
soll er dagegen dem Menschen gleichstehen und gleich diesem
Subjekt privater Rechtsverhältnisse sein. Wenn nach Ulpian
(, 181 D. de iust. et iur. 1,1) vom ius publicum, das ad statum
rei Romanae spectat, das privatum sich dadurch unterscheidet,
dass es ad singulorum utilitatem spectat, so soll im Gegensatz
zum Staat als dem Subjekte der Staatsgewalt der Fiskus neben
den singuli als ihresgleichen stehen oder selbst zu ihnen gehören.
Dass er in Beziehung auf die Realisierung seiner Rechte und
Verbindlichkeiten behandelt wird, wie wenn er zu ihnen gehörte,
trifft heutzutage zu. Nach römischem Rechte bestand diese Gleich-
stellung nicht. Sie bestand keineswegs vollständig für den kaiser-
lichen fiscus, dessen Subjekt doch in gewissem Sinne ein Einzelner
war. Und sie bestand nicht für die Rechte und Verbindlichkeiten
des populus Romanus gegenüber Einzelnen, deren Realisierung
nebst der Entscheidung über ihre Existenz dem zuständigen magi-
stratus zukam. Wenn heutzutage sowohl bezüglich der Kompe-
tenz der Gerichte zur Entscheidung über ihre Existenz als bezüg-
lich der Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in Staatsvermögen
bestimmte staatliche Rechte und Verbindlichkeiten solchen Ein-
zelner gleichstehen, so folgt doch daraus, dass sie in dieser Be-
ziehung privaten gleichstehn, noch nicht, dass sie private sind.
Das Privatrecht dient der utilitas seines Subjektes als einer solchen,
die verschieden ist von der utilitas andrer; die private Verbind-
lichkeit liegt ihrem Subjekte ob im Gegensatze zu andren. Jeder
Einzelne hat ein Gebiet seines Wohls und Leidens, das abgegrenzt
ist vom (Gebiete des Wohls und Leidens andrer. Der Staat hat
aber kein vom Gebiete des Wohls und Leidens der an ihm be-
teiligten Menschen abgegrenztes Gebiet seines Wohls und Leidens.
Jedem am Staate beteiligten Menschen kommt nach Massgabe