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können an zwei Nachlässen, deren Verwalter gegen einander pro-
zessieren, dieselben Personen beteiligt sein. Ueberall, wo ein
bestimmtes Interesse amtlich geltend gemacht wird unabhängig $
von seiner Eigenschaft als Interesse eines bestimmten Menschen,
ist die für den Prozess erforderliche Verschiedenheit der Parteien
gegeben durch die Verschiedenheit der Person, die es amtlich
wahrnimmt, und der Person, die das entgegengesetzte Interesse
sei es als ihr individuelles Interesse oder gleichfalls amtlich wahr-
nimmt.
Wenn O. M. sagt, dass ich meinen Amtsbegriff dem öffent-
lichen Rechte zuschiebe, so wüsste ich ın der Tat nicht, wie
meine amtliche Berechtigung und Verpflichtung zur Wahrneh-
mung eines bestimmten Interesses nicht dem öffentlichen Rechte
angehören sollte. Gewiss gibt es nicht nur öffentliche Beamte,
sondern auch Privatbeamte. Es gibt aber kein privates Amt im
Sinne amtlicher Kompetenz. Was jemand als Privatbeamter
kann und soll, das kann er als Bevollmächtigter und soll er als
Beauftragter (im weiteren Sinne) dessen, dessen Beamter er ist.
Auch was ein öffentlicher Beamter kann und soll, das kann und
soll er vielfach lediglich als Bevollmächtigter und Beauftragter
andrer. Was dagegen der Träger eines öffentlichen Amtes, z. B.
des Richteramtes, kann und soll kraft seiner amtlichen Kompe-
tenz, sei er nun ein Beamter oder nicht, das kann er kraft eige-
ner Berechtigung, die ihm aber nicht zusteht um seiner selbst
willen, und das schuldet er nicht seinen Vorgesetzten, die er als
Beamter haben kann aber nicht haben muss, sondern dem Ge-
meinwesen, dessen Amt er verwaltet und damit den am Gemein-
wesen beteiligten Menschen. Ueber sie hat er amtliche Macht
und ihnen schuldet er amtliche Sorge. Er hat seine amtliche
Berechtigung nicht ohne amtliche Verpflichtung, deren Erfüllung
aber seinem pflichtmässigen Ermessen anheimgegeben ist. Ein
Richter, der seines Richteramtes nachlässig gewaltet und dadurch
einen Prozess unrichtig entschieden hat, kann von niemand da-