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schulde im Interesse der Ausführung ihres Willens, so schulde
ich es dem Gemeinwesen als einem an der Ausführung der Testa-
mente Verstorbener interessierten und zugleich insbesondre den
an der Ausführung des bestimmten Testamentes besonders inter-
essierten Angehörigen des Gemeinwesens.
Gleich der Uebertragung eines Amtes durch fremden indi-
viduellen Willen ist nicht undenkbar seine Uebernahme kraft
eignen Willens. Nur die Annahme amtlicher Macht und Pflicht
gestattet, wie ich in meinem Buche gezeigt habe (8. 320 fi.), eine
befriedigende Behandlung des Sammelvermögens, über das seine
Verwalter Macht haben, ohne sie um ihretwillen zu haben, und
dessen bestimmungsgemässe Verwendung sie schulden, ohne dass
bestimmte Menschen sie von ihnen verlangen könnten.
Unter den Menschen, denen mit mir ein Amt zuzuschreiben
nicht angehen dürfte, nennt O. M. auch die Eltern. Ich habe
betont, dass ihre Macht über ıhre Kinder keineswegs nur eine
amtliche ist, weil sie ihnen auch um ihrer selbst willen zu-
kommt. Die römische patria potestas war überhaupt keine amt-
liche, weil das mit ihr verbundene officium nicht als Rechtspflicht
galt. Von ihr unterscheidet sich die heutige elterliche Gewalt
namentlich dadurch, dass sie erlischt, wenn das Kind des elter-
lichen Schutzes nicht mehr bedarf. Dass sie sowohl Recht als
Pflicht ist, spricht das BGB. (8 1627) ausdrücklich aus. Es
schreibt ihrem Subjekte ebenso wie dem Vormunde das Recht
und die Pflicht zu, für die Person und das Vermögen zu sorgen
($ 1793). Ist das Recht des Vormundes überhaupt kein Privat-
recht, so ist das elterliche Recht nicht ausschliesslich ein solches.
Im Begriffe des Rechtes, für eine Person zu sorgen, liegt seine
Existenz um dieser Person willen, während im Begriffe des Privat-
rechtes liegt seine Existenz um seines Subjektes willen. Gleich
dem Vormunde nehmen die Eltern durch ihre Sorge für das
Kind mit dessen Interesse das Interesse des Gemeinwesens daran
wahr, dass für das Kind als einen solchen Menschen gesorgt