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brauchs, ist in erster Linie Aufgabe des öffentlichen Rechts. Deshalb lässt
auch das BGB. diese Beschränkungen unberührt (EG. Art. 111), und auch
der Schutz des Gemeingebrauchs fällt nach wie vor vorzugsweise dem Öf-
fentlichen Rechte zu. Die gemeinrechtlichen Interdikte zum Schutze des
Gemeingebrauchs sind, mit Ausnahme der wasserrechtlichen, beseitigt (EG.
Art. 55, 65). Ein subjektives Privatrecht auf den Gemeingebrauch ist, schon
gemeinrechtlich äusserst zweifelhaft, jedenfalls nach dem BGB. nicht an-
zuerkennen.
In den Grundlagen wie in den Ergebnissen weicht meine persönliche Mei-
nung von derjenigen des Herrn Verfassers nicht unwesentlich ab. Eine Eini-
gung der entgegenstehenden Meinungen wird von vorneherein dadurch er-
schwert, dass der Kreis der öffentlichen Sachen in der Regel, wie mir scheint,
willkürlich und quellenwidrig erweitert wird. Unzweifelhaft öffentliche Sachen
im Sinne des römischen Rechts sind nur die öffentlichen Wege
und Wasserläufe (einschl. der Siele), und von diesen ist m. E. nahezu
zweifelsfrei bezeugt, dass sie inniemandes Eigentum im Sinne
des Privatrechts stehen: 1. 22 $$ 2—5, l. 22, 23 D. ne quid in loc.
publ. 43, 81.183 D. de flum. 43. 12,1. 1 8$ 15, 16 D. de cloac. 43, 23;
l. 1 pr. D. de d.r. 1,8, 1.18 pr.D. de a. eta. pl.a. 39, 3. Dem entspricht
die Bestimmung in $ 51 Hamburg. AG. zum BGB. (GS. von 1899 I S. 80):
An den Deichen steht niemandem das Eigentum im Sinne des
Bürgerlichen Rechts zu.
Der Meinung ÜBBELOHDEs!, dass jene Zeugnisse eine sichere Beant-
wortung der Eigentumsfrage weder nach der einen noch nach der andern
Seite hin zulassen, kann ich mich nicht anschliessen, halte es auch für
unerweislich, dass die römische Anschauung der Herrenlosigkeit und Ver-
kehrsunfähigkeit der öffentlichen Sachen der deutschen Rechtsauffassung
widersprechen sollte?. Vielmehr verstehe ich durchaus den Temperaments-
ausbruch KUHLENBECKSs, der sich darüber erregt, dass die natürliche und
gesunde Auffassung erst von IHERING gleichsam wieder entdeckt werden
musste und dass sie noch heute so geringem Verständnisse begegne.
Ich bin mit O. MAYER‘ der Ueberzeugung, dass es notwendig ist, den
Kreis der öffentlichen Sachen eng zu ziehen und streng an der Grundlage
des geltenden Rechts festzuhalten®. Andernfalls ergeben sich unlösbare
Schwierigkeiten bei der Grenzbestimmung zwischen privatem und öffent-
lichem Rechte auf diesem Gebiete, das früher vielfach privatrechtlich an-
ı Fortsetzung von GLÜücKks Pandekten, Serie der Bücher 43 und 44 IV
S. 32.
2 So z.B. GIERKE, deutsch. Privatr. 8 102 II S. 23.
® Von den Pandekten zum BGB. II S. 393 ft.
* Archiv für öffentl. Recht XVI S. 74.
5 So auch REGELSBERGER, Pandekten I $ 113 S. 424.