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der englischen bill of rights in allen Verfassungen getroffen sind
(sie folgen eben aus der Natur der Sache), so sind die Nüancie-
droit parlementaire 2. ed. S. 83). Soweit ich habe ermitteln können, ist
die Frage bezüglich der ceivilrechtlichen Haft noch nicht zur Entscheidung
gekommen. Bezüglich des englischen Rechts heisst es bei HATSCHEK,
Englisches Staatsrecht S. 424: „Die Redefreiheit schützt vor allen Ver-
folgungen civil- und strafrechtlicher Art, aber auch disziplinärer Natur.“
Soweit ich habe ermitteln können, liegt aber eine Entscheidung, wodurch
eine Befreiung von der civilrechtlichen Verantwortlichkeit anerkannt wird,
nicht vor.
Die Entstehungsgeschichte des Art. 30 anlangend, so stimmt derselbe
wörtlich mit dem 8 120 der Reichsverfassung von 1849 überein. Er befand
sich in gleicher Fassung in dem dem Reichstag von dem Bundesrat vor-
gelegten Verfassungsentwurf. Der Artikel ist also aus der Verfassung von
1849 entnommen. Der Vorschlag der Bestimmung ist von dem Verfassungs-
ausschuss der Nationalversammlung ausgegangen. Dieser Vorschlag ist mit
dem Gesetze gleichlautend mit der Ausnahme, dass in dem Vorschlage von
der disziplinarischen Verfolgung nicht die Rede war. Der ausdrückliche
Ausschluss der disziplinarischen Verfolgung ist auf einen Antrag im Plenum
der Nationalversammlung zurückzuführen. Der Vorschlag der Kommission
war in ihrem Berichte nicht begründet. (HAssLer, Verhandlungen Bd. II,
S. 653 fi.) Die Abänderungsanträge, die zu dem Vorschlage des Aus-
schusses im Plenum in der ersten Lesung gestellt wurden (Stenogr. Berichte
Bad. VI 8. 4385), bezogen sich darauf, den Fall der beleidigten Privatehre
auszunehmen oder den Einzelnen das Klagerecht, welches ihnen nach den
Gesetzen wegen Verleumdung zustehe, vorzubehalten. Diese Anträge wur-
den zwar abgelehnt, der Antrag, den Fall der beleidigten Privatehre aus-
zunehmen, aber nur mit einer sehr geringen Majorität (162 gegen 157 Stim-
men). Bei der zweiten Lesung wurde der Antrag gestellt, hinzuzufügen,
dass die Anstellung einer Klage wegen Verleumdung dadurch nicht ausge-
schlossen sein solle. Davon, dass durch die Bestimmung auch privatrecht-
liche Ansprüche ausgeschlossen werden könnten, ist nicht die Rede. In-
jurien und Verleumdungen konnten damals im Gebiet des gemeinen Rechts
und des preussischen Landrechts nur durch eine Privatklage gerügt wer-
den. Daraus erklärt es sich, dass die Abänderungsanträge darauf gerichtet
waren, eine Klage oder ein Klagerecht wegen Verleumdung zu gewähren.
(Stenogr. Berichte Bd. VIII S. 6041.) Wie wenig man bei der Verfassung
des Jahres 1849 an einen Eingriff in Privatrechte gedacht hat, beweist,
dass der dem Art. 31 entsprechende $ 117 sich nur auf den Ausschluss
einer strafrechtlichen Verhaftung und Untersuchung. nicht wie Art. 31 auch
auf eine Verhaftung wegen Schulden bezog. In dem Berichte des Aus-
schusses der Nationalversammlung ist bemerkt, dass die Bestimmung vor