Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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machen. Wer zum Schöffen oder Geschworenen gewählt wird, 
kann sich weigern, dem Rufe Folge zu leisten und dadurch eine 
Strafe verwirken, die Berufung gibt ihm auch die Gelegenheit 
und die Möglichkeit, sich nach 88 138 und 334 StGB. strafbar 
zu machen. Dennoch wird niemand sagen, dass jemand, welcher 
zum Schöffen oder Geschworenen gewählt wird, dadurch zur 
Verantwortung gezogen werde. 
Auch liegt ein sachlicher Grund nicht vor, welcher es recht- 
fertigen könnte, eine gerichtliche Vernehmung der Mitglieder des 
Reichstags wegen ihrer Aeusserungen im Reichstage allgemein 
zu untersagen. Es wird angeführt, es gehöre zu den Aufgaben 
der Mitglieder des Reichstags wie der anderen gesetzgebenden 
Körperschaften, Fehler und Missstände in der Verwaltung zur 
Sprache zu bringen und auf ihre Abstellung hinzuwirken. Diese 
Aufgabe lasse sich nur dann gehörig erfüllen, wenn diejenigen 
Personen, die im stande und willens seien, ihnen hierauf bezüg- 
liche Mitteilungen zu machen, die Sicherheit hätten, dass ihre 
Namen geheim gehalten und nicht durch eine gerichtliche Zeugen- 
vernehmung offenbar würden. Dieser Grund könnte höchstens 
rechtfertigen, dass es den Mitgliedern des Reichstags gestattet 
würde, die Namen ihrer Gewährsmänner bei einer gerichtlichen 
Zeugenvernehmung zu verschweigen, aber nicht, dass allgemein 
die Vernehmung derselben wegen der in ihrem Beruf getanen 
Aeusserungen untersagt würde. Warum soll z. B. ein Mitglied 
des Reichstags, welches einen Automobilunfall gesehen hat und 
diese Tatsache bei einer Verhandlung über ein Automobilgesetz 
zur Sprache bringt, über diesen Unfall nicht vernommen werden 
dürfen? Der Abgeordnete kann darüber vernommen werden, 
wenn die Zeugenvernehmung vor der Verhandlung im Reichs- 
tage erfolgt, nach derselben soll die Vernehmung nicht statt- 
finden dürfen. Er würde sogar dann nicht einmal über Unklar- 
heiten und Ungenauigkeiten seiner ersten Aussage zu einer Er- 
klärung aufgefordert werden dürfen. Nach $ 385 CPO. dürfen 
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 3. 25
	        
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