aus diesem Zusammenhange heraus zu entwickeln und zu ver-
stehen.
Man hat die Möglichkeiten, die hier denkbar sind, in der
Prozessrechtswissenschaft bezeichnet durch die Namen: absolute
Rechtskraft einerseits, relative Rechtskraft ander-
seits 3°). Der Gegensatz ist ganz und gar gegeben in der Ver-
schiedenheit des Zweckes, dem die Unabänderlichkeit bei der
einen und bei der andern in erster Linie zu keinem bestimmt ist.
Die absolute Rechtskraft bedeutet eine Unabänderlich-
keit, die einmal entstanden, unabhängig ist von dem Willen der
Parteien. Ihr Zweck ist vielmehr ein solcher des öffentlichen
Interesses, des Interesses der Rechtspflege. Das Bedürfnis, das
8? Man versteht unter relativer Rechtskraft wohl auch den Fall, wo ein
Urteil nur teilweise rechtskräftig wird (FREUDENSTEIN, Rechtskraft 8. 4 ff.)
oder nur gegen einzelne Parteien, gegen andere nicht (WEISSLER,
Komment. zu Fr. G.-Ges. S. 63). Wir verstehen hier relative Rechtskraft
in dem Sinne, wie sie von BüLoOw in Arch. f. civ. Pr. Bd. 83 S. 30 ff. und
von WACH in GRUCHOT Beitr. Bd. 37 S. 480 ff. bekämpft worden ist, d.h.
eine Gebundenheit des Urteils für die Partei und daran hängende Unzulässig-
keit einer Aenderung seines Bestandes ohne den Willen der Partei. Wir
möchten aber hier gleich hervorheben, dass man diese relative Rechtskraft in
dreierlei sehr verschiedenem Sinne bekämpfen kann, je nachdem steht es
auch verschieden mit unserer Gegnerschaft.
Man kann bestreiten, dass es eine Rechtserscheinung, wie die von uns
mit diesem Worte bezeichnete, überhaupt gibt; das halte ich für durch-
aus verfehlt.
Man kann bestreiten, dass diese Erscheinung für die Lehre von der
Rechtskraft ausschliesslich in Betracht komme und die Grundsätze
einer absoluten Rechtskraft verteidigen, denen sie gegebenen Falles zu wei-
chen hat; das halte ich für richtig.
Man kann endlich diese Erscheinung selbst anerkennen, aber bestreiten,
dass sie noch den Namen Rechtskraft verdient und diesen Namen aus-
schliesslich für die absolute Rechtskraft in. Anspruch nehmen; das ist eine
terminologische Frage, deren Bedeutung nicht überschätzt werden darf. Jeden-
falls bedeutet das eine so gut wie das andere eine prozessrechtlich begrün-
dete Festigkeit, die dem obrigkeitlichen Akt, den wir Urteil nennen, eigen-
tümlich ist; darum mag man es bei der doppelten Verwendung des Aus-
druckes belassen. Sie ist geschichtlich überkommen.