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sie zu befriedigen hat, ergibt sich aus der Natur der Zivil- und
Strafjustiz. Das Gesetz, welches nicht unrecht tun kann, muss
im Einzelfall angewendet werden durch einen obrigkeitlichen Aus-
spruch, der nach der gemeinen Mangelhaftigkeit der menschlichen
Dinge die Möglichkeit hat, fehl zu gehen, dem Gesetze nicht zu
entsprechen, Unrecht zu sein. Wie alle obrigkeitlichen Akte be-
zeugt er zwar seine Gültigkeit durch sich selbst *%). Aber soweit
Zuständigkeiten zu Nachprüfung und Neuprüfung bestehen, kann
ein Unrecht aufgedeckt und durch Aufhebung des ersten Spruchs
beseitigt werden. Allerdings könnte auf demselben Wege auch
eine richtige Gesetzesanwendung zu Gunsten einer falschen be-
seitigt werden. Denn die menschliche Logik ist eben nicht, wie
Bernatzik annimmt, bloss eine. Für gewöhnlich hält der Staat
gleichwohl die Möglichkeit offen, dass das, was seine Behörden
gemacht haben, nachträglich von ihnen verbessert werde, in der
optimistischen Annahme, es werde das Spätere regelmässig wirk-
lich das Bessere sein. Nur für die in förmlichem Prozessverfahren
geübte Rechtsprechung der Gerichte, sobald einmal formelle Rechts-
kraft erreicht ist, gilt grundsätzlich das Gegenteil. Hier trifft
aber zweierlei zusammen. Einmal handelt es sich um eine be-
hördliche Einrichtung, die, wesentlich zur Gesetzesanwendung
bestimmt, im Interesse des allgemeinen Gefühls der Rechtssicher-
heit gern mit einem gewissen Schein der Unfehlbarbeit umgeben
wird #1), Sodann aber ist durch das Verfahren, welches den Be-
teiligten eine erhebliche Mitwirkung gewährleistet, diesen gegen-
über aller Härte vorgebeugt, welche sonst um ihretwillen in dem
Ausschluss jeder Verbesserungsmöglichkeit gelegen sein könnte.
Die Massregel wendet deshalb vor allem ihre Spitze gegen die
Partei im Zivilprozess, der eine wiederholte Inanspruchnahme der
Gerichte für eine bestimmte Angelegenheit versagt wird: bis de
.* D. V.-R. IS. 99, 100.
*1 Daher auch die besondere Stellung der Justizschäden gegenüber der
Enntschädigungspflicht des Staates nach Billigkeitsrecht: D. V.-R. IT S. 363, 364.