Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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für die Dauer einer Legislaturperiode und im Hinblick auf ihr 
gegenseitiges Machtverhältnis abgeschlossen werden. Insbesondere 
gilt dies von dem Schlüssel, nach welchen die Mandate für die 
verschiedenen Kommissionen, Ausschüsse u. s. w. auf die ver- 
schiedenen Parteien, ihrer ziffermässigen Stärke entsprechend, 
verteilt werden. Ein hervorragendes Beispiel bietet uns diesfalls 
die Praxis des österreichischen Abgeordnetenhauses. Nach $ 8 
des Gesetzes vom 21. Dezember 1867 RGB. Nr. 146 resp. Art. II 
des Gesetzes vom 2. April 1873 RGB. Nr. 40 ist von den auf 
das Abgeordnetenhaus entfallenden 40 Mitgliedern der öster- 
reichischen Delegation jedem einzelnen Kronlande eine bestimmte 
Zahl zugewiesen. Die Wahl dieser Mitglieder erfolgt in der 
Weise, dass die Abgeordneten getrennt nach den Kronländern, 
aus denen sie gewählt wurden, zusammentreten und die Wahl 
der einzelnen Mitgliedergquoten vornehmen. Bei den mehr- 
sprachigen Kronländern ergibt sich hiedurch die Gefahr, dass der 
in der Minderheit befindliche Volksstamm zu gar keiner Vertretung 
in der Delegation gelangt. Dies hat wenigstens für jene Kron- 
länder, wo diese Gefahr am grössten ist, für Böhmen und Mähren, 
zu einem Kompromiss geführt, wodurch der deutschen Minderheit 
eine entsprechende Zahl von Delegiertenstellen gesichert wurde. 
Dass aus solchen Vereinbarungen Rechtspflichten entspringen, 
scheint mir nur derjenige leugnen zu können, der mit DICEY 
in der Möglichkeit gerichtlicher Geltendmachung ein wesentliches 
Merkmal des Rechtes erblickt. Wer aber die Existenz eines 
Völkerrechtes und eines nicht erzwingbaren Verfassungsrechtes 
anerkennt, wird nicht umhin können, diesen Vereinbarungen 
juristischen Charakter beizulegen, da jedes politische Zusammen- 
arbeiten unmöglich wäre, wenn sie mutwillig, d. h. ohne Aende- 
rung der ihnen zu Grunde liegenden Machtverhältnisse verletzt 
werden dürften. 
Es liegt nahe, auch die parlamentarischen Geschäftsord- 
nungen, soweit sie auf autonomer Satzung beruhen, für mittel-
	        
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