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kehrende Unterscheidung zur Einheit. Die Organe als Ein-
heiten erhalten vom Gesetze ihre Aufgaben zugewiesen, sie sind
staatsrechtliche Rechtssubjekte oder Persönlichkeiten. Die Willens-
äusserung von Organen, die aus mehreren Genossen zusammen-
gesetzt sind, ergibt sich aus den Beschlüssen derselben.
Der menschliche Verband vermag einen Willen gegenüber
Seinesgleichen oder Gleichgestellten zu äussern. Der Staat gibt
seine Willenserklärung gegenüber andern Staaten dadurch ab,
dass Organe, welche verfassungsmässig dazu berufen sind, er-
klären. Der Wille der betreffenden Organe ist nach der Ver-
fassung bindend für alle Teile des Verbandes, und was für sämt-
liche Teile verbindlich ist, erscheint völkerrechtlich für das
(sanze, für die Einheit verbindlich.
Der Wille der Verbandseinheit richtet sich, weil die Ein-
heit nur in der Unterscheidung nach aussen besteht, an gleich-
gestellte Subjekte, d. h. an Subjekte mit Persönlichkeit gemäss
der gleichen Rechtsordnung, er äussert sich nur in äussern An-
gelegenheiten. Der Wille der Organe in Bezug auf die innern
Angelegenheiten ist dagegen nicht Wille der staatlichen Einheit,
sondern Wille der Organe als staatsrechtlichen Persönlichkeiten;
er richtet sich an andere Organe und an die Mitglieder des
Verbandes. In den innern Angelegenheiten gibt es nur einen
Örganwillen, nicht einen Willen der Einheit. Es sollte ein-
leuchten, dass der Wille, der in dem Erlasse eines Gesetzes, in
einem richterlichen Urteile oder in einer administrativen Ver-
fügung zum Ausdrucke gelangt, nicht der nämliche Wille, nicht
der Wille des nämlichen Subjektes sein kann, der Verträge mit
dem Auslande abschliesst, Krieg erklärt und Frieden schliesst.
Dort handelt es sich um Einwirkungen von Teilen auf Teile um
das Walten von Organen gegenüber Organen und Genossen; hier
handelt es sich um gemeinsarnes Auftreten, um Wirken des Ganzen
gegenüber andern Staaten, um Betätigung nach Völkerrecht. Dort
Organwille als solcher; hier Organwille als Wille des Gesamten.
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