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soll das zusammengedacht werden und wozu? Ich finde nirgends
eine klare Auskunft hierüber.“ Die Auskunft liegt darin, dass
die Auffassung des Staates als eines blossen Abstraktums das
sonst Unmögliche möglich macht. Die Abstraktheit des Staates
soll gerade dazu dienen, je nach Bedürfnis von den ihn aus-
machenden Momenten abzusehen, zu abstrahieren. Wie man
sich die Menschen, aus denen der Staat bestehet, wegdenkt, um
ihn als Subjekt jedem einzelnen Genossen gegenüberstellen zu
können und wie man von der Rechtsordnung, obgleich sie die
Verbindung der Bürger zum Staate bedingt, abstrahiert, um
Staat und Recht als zwei sich gegenüberstehende W esenheiten
behandeln zu können, so kann man auch von dem Gebiete, das
man als Bestandteil des Staates erklärt, abstrahieren und den
abstrakten Staat wieder seinem Gebiete gegenüberstellen.
(regen die Annahme, dass das Gebiet im Staate inbegriffen
sei, machen sich gewichtige Bedenken geltend. Zunächst ist auf
die Wesensgleichheit aller menschlichen Verbände hinzuweisen;
Staat und Gemeinde würden eine Ausnahme von der allgemeinen
Erscheinung machen, dass der Verband nur Menschen, nicht
Gebiet in sich schliesst. Der Verband ist ferner in seiner nach
aussen sich kehrenden Einheit ein willensfähiges Subjekt. Die
Willensfähigkeit wird nur dadurch erklärlich, dass der Verband
aus willensfähigen Menschen besteht; fügt man das Gebiet in
die Einheit hinein, so ergibt sich ein für die Willensbildung un-
geeigneter, toter Bestandteil. Im Innern des Verbandes herrscht
ein gesetzmässiges Walten, hervorgebracht durch das gegenseitige
rechtliche Wirken der willensfähigen Genossen; man bezeichnet ja
den Verband geradezu als einen lebensvollen Organismus. Eine
leblose Materie bedeutete aber einen Fremdkörper in diesem
Lebenden. Das Gebiet ist ja für den Staat durchaus notwendig,
unentbehrlich, aber doch nur deshalb, weil die Menschen, aus
denen der Staat besteht, etwas Festes unter den Füssen haben
müssen. Wäre die Erde zum grössten Teile unbewohnt und für