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Freilich ist nicht zu verkennen, dass jede der beiden Formen
nebenbei in gewissem Masse auch den Interessen zu gute kommt,
denen die andere dient, und diese insofern entbehrlich erscheinen
lässt. Die Unabänderlichkeit des Urteils, welche in der Form
der absoluten Rechtskraft festgelegt ist, gewährleistet zugleich
der Partei den sicheren Bestand der Vorteile, welche der Spruch
für sie bedeutet. Und auf der anderen Seite bewirkt auch die
Gebundenheit des Urteils durch das Recht der Partei, dass der
Richter nicht leicht in die Lage versetzt wird, die richterlich
geschehene Gesetzesanwendung noch einmal vornehmen zu müs-
sen, weil eine Partei nicht damit zufrieden ist. Solches ist ja
im Zivilprozess nur möglich mit Zustimmung des Gegners, der
auf sein Recht und seinen Vorteil verzichtet. Denkbar sind
solche Fälle, aber naturgemäss recht selten ®. Ganz ohne neuen
Spruch kommt der angegangene Richter auch bei absoluter
Rechtskraft nicht weg; ob er aber zurückweist, weil er nicht
mehr zuständig ist, oder zurückweist, weil er nur mit Zustim-
mung des Gegners urteilen könnte, das macht für die Wahrung
der Autorität des Richteramtes kaum einen Unterschied.
Man könnte also höchstens etwa behaupten wollen, dass das
eine das andere überflüssig mache. Gegenüber der relativen
punkt auch hervor bei GAUPr-STEIN, Komm. zu C.P.O. $ 322; DEMELIUS,
Rechtskraft, S. 59, S. 61; SCHULTZENSTEIN, Gutachten, S. 103, 104.
LOENINnG behauptet für den Zweck seiner Polemik gegen mich (Verw.-
Arch. VII S. 15), BöüLow habe seine für das Recht am Urteil, also für re-
lative Rechtskraft sprechenden Ausführungen im Arch. f. civ. Pr. Bd. 62
dadurch „tatsächlich zurückgenommen*, dass er im Arch. f. civ. Pr. Bd. 83
so kräftig für die absolute Rechtskraft eingetreten ist. Das ist von seiten
LoEnInes ein Fehlschluss; beides vereinigt sich ganz gut. Soweit die abso-
lute Rechtskraft reicht. kommt eben das Recht der Partei (von BULow aller-
dings fälschlich als ein „Privatrecht“ bezeichnet) nicht zur Wirksamkeit;
es ist verdeckt.
°%4 Im Strafprozess, wo nur der Angeklagte Parteinatur hat, müsste das
Monopol der Staatsanwaltschaft, das Gericht neu zu befassen, im Zusammen-
hang mit dem Rechte des Angeschuldigten an dem für ihn ergangenen Urteil
praktisch zu dem nämlichen Ergebnis führen.