Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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Freilich ist nicht zu verkennen, dass jede der beiden Formen 
nebenbei in gewissem Masse auch den Interessen zu gute kommt, 
denen die andere dient, und diese insofern entbehrlich erscheinen 
lässt. Die Unabänderlichkeit des Urteils, welche in der Form 
der absoluten Rechtskraft festgelegt ist, gewährleistet zugleich 
der Partei den sicheren Bestand der Vorteile, welche der Spruch 
für sie bedeutet. Und auf der anderen Seite bewirkt auch die 
Gebundenheit des Urteils durch das Recht der Partei, dass der 
Richter nicht leicht in die Lage versetzt wird, die richterlich 
geschehene Gesetzesanwendung noch einmal vornehmen zu müs- 
sen, weil eine Partei nicht damit zufrieden ist. Solches ist ja 
im Zivilprozess nur möglich mit Zustimmung des Gegners, der 
auf sein Recht und seinen Vorteil verzichtet. Denkbar sind 
solche Fälle, aber naturgemäss recht selten ®. Ganz ohne neuen 
Spruch kommt der angegangene Richter auch bei absoluter 
Rechtskraft nicht weg; ob er aber zurückweist, weil er nicht 
mehr zuständig ist, oder zurückweist, weil er nur mit Zustim- 
mung des Gegners urteilen könnte, das macht für die Wahrung 
der Autorität des Richteramtes kaum einen Unterschied. 
Man könnte also höchstens etwa behaupten wollen, dass das 
eine das andere überflüssig mache. Gegenüber der relativen 
punkt auch hervor bei GAUPr-STEIN, Komm. zu C.P.O. $ 322; DEMELIUS, 
Rechtskraft, S. 59, S. 61; SCHULTZENSTEIN, Gutachten, S. 103, 104. 
LOENINnG behauptet für den Zweck seiner Polemik gegen mich (Verw.- 
Arch. VII S. 15), BöüLow habe seine für das Recht am Urteil, also für re- 
lative Rechtskraft sprechenden Ausführungen im Arch. f. civ. Pr. Bd. 62 
dadurch „tatsächlich zurückgenommen*, dass er im Arch. f. civ. Pr. Bd. 83 
so kräftig für die absolute Rechtskraft eingetreten ist. Das ist von seiten 
LoEnInes ein Fehlschluss; beides vereinigt sich ganz gut. Soweit die abso- 
lute Rechtskraft reicht. kommt eben das Recht der Partei (von BULow aller- 
dings fälschlich als ein „Privatrecht“ bezeichnet) nicht zur Wirksamkeit; 
es ist verdeckt. 
°%4 Im Strafprozess, wo nur der Angeklagte Parteinatur hat, müsste das 
Monopol der Staatsanwaltschaft, das Gericht neu zu befassen, im Zusammen- 
hang mit dem Rechte des Angeschuldigten an dem für ihn ergangenen Urteil 
praktisch zu dem nämlichen Ergebnis führen. 
 
	        
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