Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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der Lehrmeinungen allerdings als eine ganz vortreffliche Leistung zu be- 
zeichnen. Verfasser beschränkt seine Darstellung wesentlich auf die beiden, 
in der österreichischen und in der preussischen Verwaltungs- 
organisation hervortretenden Typen der städtischen Selbstverwaltung; dort 
beruht dieselbe auf der unklaren Vorstellung einer neben dem Staate 
bestehenden, mit ursprünglichen Rechten ausgestatteten Persönlichkeit und 
führt zu einer Spaltung der Verwaltungstätigkeit, hier dagegen erscheint 
sie als eine Form staatlicher Organisation, als ein gebietskörperschaft- 
liches Glied der einheitlichen Verwaltung. 
Auf diese organisationsmässige Seite der Frage legt Verfasser bei der 
Formulierung seines Selbstverwaltungsbegriffes das 
Hauptgewicht. Die Selbstverwaltung ist für ihn überhaupt nicht durch 
materielle Merkmale von der Staatsverwaltung getrennt — bekanntlich der 
Standpunkt der Österreichischen Verwaltungsorganisation, welcher hier so 
viel Verwirrung gestiftet hat,—, sondern sie bildet ein Organisations- 
prinzip der Verwaltung überhaupt. Es ist nämlich wünschenswert, für 
gewisse Gattungen von Verwaltungsangelegenheiten manche Eigentümlich- 
keiten, welche einzelnen pyhsischen Personen als Trägern staatlicher Ge- 
walt anhaften, als Abhängigkeit vom Befehle des vorgesetzten Organs, 
Unselbständigkeit des Unterorgans, endlich auch häufiger Wechsel desselben, 
zu beseitigen. Dies geschieht nun durch kollektive Persönlichkeiten, 
welche gegenüber der Staatsverwaltung als sekundäre Organe der 
öffentlichen Verwaltung erscheinen und die Heranziehung der ‚nächsten 
Interessenten zu lokalen Aufgaben ermöglichen, Dieser Begriff def Selbst- 
verwaltung, welchem die Organisation der städtischen Verwaltung nach 
der preussischen Städteordnung vom Jahre 1853 am nächsten steht, wurzelt 
theoretisch in der Anschauung GNEISTs, welchem ja die Selbstverwaltung 
gleichfalls ein Organisationsprinzip der einheitlichen Verwaltung für be- 
stimmte politische Zwecke ist. Der Fortschritt besteht jedoch in der Los- 
lösung dieses GnEISTschen Gedankens von dem fremden Elemente des eng- 
lischen Ehrenbeamtentums und Verbindung mit dem germanischen G e- 
nossenschaftsprinzipe; dadurch ist ein Weg geschaffen, um die 
lebendige Mitwirkung der Volksgenossen an der Öffentlichen Verwaltung 
zu erhalten, ohne durch eine Sonderstellung dieser Organe die Einheit der 
Verwaltung zu stören. 
‚Die Arbeit LAmPps verdient gegenwärtig namentlich in Oesterreich Be- 
achtung, woselbst die von der Regierung geplante Verwaltungsreform die 
Beseitigung des Dualismus der nebeneinander ohne hinreichende Verbin- 
dung wirkenden staatlichen und Kommunalverwaltung anstrebt; sie wird 
aber auch in Preussen auf sympathisches Interesse rechnen können, schon 
wegen der Betonung des erziehblichen Wertes der Teilnahme weiter Be- 
völkerungskreise an öffentlichen Angelegenheiten. 
Wien” Dr. v. Herrnritt.
	        
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