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nützung besonderer Anstalten gestattet, so folgt daraus, dass sie
die Erhebung von Gebühren für die Befahrung der Wasser-
strasse verbietet; denn die Wasserstrasse selbst ist keine beson-
dere Anstalt der Wasserstrasse. Es ist schon vorhin erwähnt
worden, dass Art. 54 der Reichsverfassung ausdrücklich die Ab-
gaben von der Befahrung von „diesen“ Gebühren unterscheidet.
Hiernach ist es mit den Grundsätzen der historischen, grammati-
schen und logischen Interpretation unvereinbar, das Wort „be-
sondere“ in Absatz 4 des Artikel 54 für bedeutungslos zu er-
klären und dadurch den Gegensatz gegen die in Absatz 3 ent-
haltene Vorschrift gänzlich zu verwischen oder dem Worte eine
so extensive Bedeutung beizulegen, dass es jeden spezifischen
Sinnes entkleidet und die im Absatz 4 ausgesprochene Beschrän-
kung der Schiffahrtsabgaben weginterpretiert wird.
Artikel 54 Absatz 4 schreibt diese Beschränkung aber nur
für „alle natürlichen“ Wasserstrassen vor. Für die Befahrung
künstlicher Wasserstrassen gelten andere Grundsätze, auf welche
hier jedoch nicht einzugehen ist, weil sie für die hier zu behan-
delnde Streitfrage ohne Bedeutung sind. Artikel 54 Absatz 4
teilt die Wasserstrassen ohne Unterschied, ob das Wasser süss
oder salzig ist, in zwei Kategorien ein, in natürliche und künst-
liche. Er kennt kein Mittelding zwischen ihnen, keine dritte
Kategorie. Der juristische Unterschied zwischen ihnen besteht
darin: auf natürlichen Wasserstrassen sind für Binnenfahrzeuge
— denn von ihnen allein handelt Absatz 4 — Befahrungsabgaben
verboten, auf künstlichen gestattet. Tertium non datur.
Jede Wasserstrasse muss also entweder in die eine oder in
die andere Kategorie gehören; denn wenn für jede der beiden
Kategorien das Recht eine entgegengesetzte Regel aufstellt, so
werden sie dadurch in einen kontradiktorischen Gegensatz zu-
einander gestellt. Diese juristische Scheidung — sei sie zweck-
mässig oder nicht — kann man nicht dadurch verwischen, dass
vom technischen Gesichtspunkte aus der Gegensatz kein absoluter