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werden kann und die Kosten der Kanalisation hauptsächlich in
der Herstellung und Unterhaltung der Schleussen und Stauwerke
bestehen, so sind die für die Befahrung des kanalisierten Flusses
erhobenen Abgaben in Wahrheit Schleussengebühren. Auf den
Namen, unter welchem sie erhoben werden, kann es nicht an-
kommen.
Wenn der Lauf eines Flusses durch einen Durchstich oder
eine streckenweise Ablenkung verändert wird, so dass der von
der Natur gegebene Wasserlauf auf einer bestimmten Strecke
zur Schiffahrt nicht mehr brauchbar ist und die Regierung ihre
Verpflichtung, ihn in brauchbarem Zustande zu erhalten, nicht
weiter erfüllt, dann tritt dieser Durchstich an Stelle des
natürlichen Wasserlaufes und wird ein integrierender Bestand-
teil der natürlichen Wasserstrasse. An einer solchen Strecke ist
die Erhebung von Befahrungsabgaben ausgeschlossen (WITTMAACK
im Arch. f. öff. R., Bd. 19, S. 159). Daraus ergibt sich ferner
noch eine andere Konsequenz. Da eine Wasserstrasse im Rechts-
sinn entweder eine natürliche oder eine künstliche, aber niemals
beides zugleich ist, so kann auch eine Vertiefung der Fahrrinne
eines natürlichen Flusses nach Artikel 54 der Reichsverfassung
kein Gegenstand einer Abgabenerhebung in der Art sein, dass
diejenigen Schiffe, welche die vertiefte Rinne nicht benötigen,
abgabenfrei bleiben, dagegen diejenigen, denen durch die Ver-
tiefung die Fahrt ermöglicht wird, Befahrungsabgaben entrichten.
Ein Strom kann nicht durch eine gedachte horizontale Ebene
in zwei Teile zerlegt werden, von denen der obere eine natür-
liche, der untere eine künstliche Wasserstrasse ist; die Wasser-
strasse ist eine unteilbare Einheit. Ein Schiff kann nicht mit
seinem oberen Teil in einer natürlichen, mit seinem unteren in
einer künstlichen Wasserstrasse fahren, denn die Fortbewegung
des Schiffes im Wasser ist ein einheitlicher Vorgang. Die Ver-
tiefung schafft kein neues Strombett; unten fliesst der Rhein so
gut wie oben; die Vorstellung, dass etwa der Rhein über einen
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