Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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Staat bei uns sich ausbildete, hatten die Juristen das römische 
Zivilrecht rezipiert, für das römische Verwaltungsrecht fehlte 
jegliches Verständnis; hatte man ja doch den Schlüssel nicht, 
der allein es erschliessen konnte, den rechten Staatssinn. So 
machte man sich eben aus dem Staat den Fiskus zurecht, den man 
in zivilrechtliche Ordnung zu bringen wusste, jenseits trieb sich 
dann der eigentliche Staat herum, rechtlos, eine unbändige Macht, 
mit der nichts anzufangen war. Aus den res publicae aber wird 
jetzt ein Ding, das das römische Recht nicht kannte®. 
Gewisse Sachen des Fiskus sollen extra commercium 
sein, d. h. nicht nach den gewöhnlichen Regeln des Zivilrechts 
veräusssert, ersessen oder belastet werden können. Für die 
schwankende Abgrenzung dieser Sachen sucht man zufällige An- 
knüpfungen im corpus juris; Zweckmässigkeitsgedanken sind es 
offenbar wieder, die eigentlich führen; denn das Recht der Re- 
publik machte überhaupt keine solche Abgrenzung unter den Sachen 
des Staates, und wie die Kaiserzeit sie machte, wusste doch 
niemand zu sagen. Vor allem: die alte publica res war extra 
commercium, weil sie überhaupt ausserhalb des Privatrechts stand; 
die publica res der modernen Pandektenlehre stand im privat- 
rechtlichen Eigentum des Staates und auf dem Boden des Privat- 
rechts; nur war sie vermöge eines für sie geltenden privat- 
rechtlichen jus singulare gewissen Rechtsinstituten 
entzogen !°, 
® Das Bewusstsein der völligen Unvereinbarkeit der modernen Pan- 
dektenlehre von den res publicae und dem wirklichen römischen Recht 
kommt schon bei dem ehrlichen KREITTMAYR, Anm. über den Cod. Max. II 
$ 5 zum Ausdruck: „Wer sich von all diesen Dingen nett und deutlichen 
Begriff machen will, der muss das Corpus Juris Romani nicht zum Lehr- 
buch gebrauchen; denn es siehet sehr verwirrt, finster und mangelhaft 
darin aus. Das wenigste schickt sich auf unseren heutigen Staat.‘ 
1% So die wohlgefestigte Lehre der älteren Pandektisten: PucHTA $ 395, 
ARNDTS $ 49, Brınz $ 50, WınpscHEid $ 146. Vgl. auch: Roru, Bayr. 
Civ. R. $ 54, SEUFFERT, Prakt. Pand. R. $ 57.
	        
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