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des innern Staatswesens gerichtet ist. Die Beförderung des
Gemeinwohls geht mithin über diese Tätigkeit hinaus®. Den
Uebergang zur modernen Auffassung bildet L. v. STEIN. Nach
ihm ist Polizei nicht ein besonderer Teil der Verwaltung, son-
dern überhaupt der gesamten Verwaltung immanent®, Sie ist
in jedem Teile der Verwaltung vorhanden, sie ist eben die
negative Seite der Verwaltungs-Tätigkeit. Ihre Aufgabe besteht
darin, den Einzelnen vor den ihn umgebenden Gefahren zu
schützen. Grehen diese Gefahren von Naturkräften aus, dann
äussert sich die polizeiliche Tätigkeit in der Herstellung schützen-
der Einrichtungen; sind es dagegen menschliche Kräfte, welche
diese Gefahren verursachen, dann stellt die Zwangsgewalt der
Polizei die überschrittene Grenze wieder her.
Schon vorher hatte BLUNTSCHLI in der Zwangsgewalt ein
durchschlagendes Begriffsmerkmal gefunden und kann in diesem
Sinne als der Begründer der jetzt herrschenden Theorie ange-
sehen werden. Nach ihm ist die Polizei in ganz besonderem
Sinne Gewalt’. Ihre Aufgabe ist die obrigkeitliche Sorge (auf
dem Gebiete der inneren Verwaltung) als befehlende und ver-
bietende, als eingreifende Staatsgewalt. Die Zwangsgewalt ist
also das notwendige Erfordernis jeder polizeilichen Tätigkeit,
wo dieser Zwang nicht Platz greift, ist die Verwaltung nicht
Polizei, sondern öffentliche Pflege. „Nur wo Zwang zulässig
ist —“ sagt Medicus® „spricht man von Polizei“.
LoEnInG ® bezeichnet als Polizei diejenige Tätigkeit der
Staatsgewalt auf dem Gebiete der inneren Verwaltung, welche
°5 Teber die Weiterbildung dieser Lehre durch Soden vergl. die schon
zitierten Quellen.
® L. v. Stein, Die Verwaltungslehre 1866 Bd. II S. 65.
” BLuntscauı, Allg. Staatsrecht 1851 S. 457.
® 8. BLUNTSCHLIs Staatswörterbuch in drei Bänden bearbeitet von
LoEnInG Art. „Polizei“ Bd. III S. 63 ft.
° LoEnınG, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts 1884 S. 8.