Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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Diese Deduktion ist jedoch in jedem Punkte anfechtbar. 
Was zunächst die aus & 366 Ziff. 10 abgeleitete Kompetenz 
betrifft, so herrscht in der Literatur nahezu völlige Ueberein- 
stimmung darüber, dass diese reichsgesetzliche Bestimmung 
keinerlei Ermächtigung zum Erlass von Polizeiverordnungen 
gibt °, 
Diesen Standpunkt hat vor allem Rosın °* mit Nachdruck 
vertreten. Nach Rosın enthält bei den sog. Blankettstrafgesetzen 
nur die Strafandrohung eine selbständige Ausübung der eigenen 
Gesetzgebungsgewalt des Reiches, während die Norm nur die 
begrifflich notwendige Umschreibung des Tatbestandes bildet, auf 
welchen die Strafdrohung Anwendung finden soll. Bei dieser 
durch die Polizeiverordnung festzustellenden Norm handelt es 
sich daher nicht um eine reichsgesetzliche Delegation, 
sondern nur um einen reichsgesetzlichen Vorbehalt; das 
Landesrecht bildet die Grundlage für die Normfeststellung. Die 
erlassenen Polizeiverordnungen sind daher materiellnicht Reichs-, 
sondern Landesrecht. 
Aehnlich spricht sich Binpine °‘, bezugnehmend auf 8 366 
Ziff. 10 aus: „Gleichgültig ist, von wem die Polizeiverordnung 
erlassen ist, ob von der obersten Landespolizeibehörde, oder von 
der Bezirkspolizei oder von der Ortspolizei, sofern nur die Polizei 
zu einer solchen Verordnung zuständig war“. Es gewährt ihnen 
„das Reichsblankettgesetz eine ausdrückliche Anerkennung“. 
Auch BORNHAK °8 hebt ausdrücklich hervor, dass das RStGB. 
die Befugnis zum Erlasse von Polizeiverordnungen nicht regeln 
55 Vergl. ausser den oben zitierten Entsch. noch Entsch. des Ober- 
landesger. München, Strafsachen Bd. IV S. 100, 238, Bd. V S. 90, Bd. VI 
S. 543, 626, 685, sowie Entsch. des Oberlandesger. München v. 17. März 
1896; s. Minist. Amtsblatt S. 105 fl. 
586 Rosın, Polizeiverordnungsrecht S. 72 ff. 
57 Binpıng, Die Normen und ihre Uebertretung, 2. Aufl. 1890 S. 163 ff. 
58 BORNHAK, Das Polizeiverfügungsrecht in Preussen, Verwalt.Archiv V 
S. 158.
	        
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