Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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Das bayrische PolStGB. v. 26. Dez. 1871 steht ebenfalls 
auf dem irrigen Standpunkt einer reichsgesetzlichen 
Delegation. Zwar hatte bei der Beratung des Gesetzes der ver- 
diente Referent und Kommentator des bayr. PolStGB. Prof. 
EDEL die richtige Meinung ausgesprochen, dass durch die reichs- 
gesetzliche Vorschrift kein neues Verordnungsrecht der Landes- 
regierungen geschaffen werden sollte ”®. Die irrtümliche gegen- 
teillige Meinung, von RIEDEL vertreten, hat jedoch schliesslich 
den Sieg davongetragen. 
Der Irrtum, der dem Art. 2 Ziff. 6 des bayr. PolStGB. zu- 
grunde liegt, ist nun für die Rechtsprechung verhängnisvoll ge- 
worden. Aus den oben zitierten Entscheidungen geht hervor, 
dass eine konstante Rechtsprechung der bayrischen Gerichte an 
der falschen Auffassung festhält. Selbst die vortrefflichen Unter- 
suchungen von RosIn, OTTO MAYER, REHM, SEYDEL u. a. ver- 
mochten die bayrischen Gerichte nicht zu überzeugen. Noch in 
den neuesten Erkenntnissen erklärt das Oberste Landesgericht ’* 
bei der Prüfung der betr. Polizeiverordnungen bezüglich des 
zugrunde liegenden Rechtssatzes, dass die betr. Vorschriften, 
auf Grund des $ 366 Ziff. 10 erlassen seien. Man kann 
sich von dem in Art. 2 Ziff. 6 des PolStGB. ausgesprochenen 
Gedanken der „nach $ 366 Ziff. 10 zulässigen ° Polizei- 
verordnungen* gar nicht trennen. 
Als Resultat der vorstehenden Betrachtungen ergibt sich 
nun, dasssämtliche Polizeiverordnungen, welche 
sich nur auf $& 366 Ziff. 10 RStGB. stützen und 
  
‘8 Vergl. Kammer der Abgeordneten, Verhandl. des Gesetzgebungsaus- 
schusses v. 1871/72 Bd. I S. 92 ff, Bd. II S. 4—14 zitiert bei Tuoma, 1319 
Note 14. 
”% Vergl. Entscheidungen in Strafsachen: Bd. II S. 896, Bd. III 8. 117, 
344, Bd. IV S. 128, 179, 269, 317, 392, 
°0 Vergl. auch SEYDEL, Blätter f. a. Praxis Bd. 47 S. 357; nach $& 366 
Ziff. 10 ist gar nichts zulässig, er enthält nur eine Bestimmung des Straf- 
rechts und nicht des Verwaltungsrechts.
	        
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