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es im Rechtsleben zu einschneidender Bedeutung gelangt ist, nachdem
Rechtsprechung und Rechtslehre um sein Fortschreiten sich Jahrzehnte
mühen. Deshalb eben ist die vom Verfasser behandelte Frage gewiss keine
Fach- und Standesfrage missvergnügter Dozenten; und es steht nicht einmal
bloss, wenn schon das hervorsticht, zu bedenken, „dass das höhere
Beamtentum wissenschaftlich auf der Höhe bleibe, dass es — als starke
und hochgeschätzte Stütze des preussischen Staates — in geistiger Be-
ziehung nicht ins Hintertreffen gerate“ (S. 47). Dass der Nutzen vom
Standpunkte der Berufswahl weiter reicht, führt der Verf. selbst aus
(S. 26, 67). Ausdehnung und Vertiefung verwaltungswissenschaftlicher
Kenntnis kann auch allein, wie ich meine, der Verständnislosigkeit der
Juristenkreise gegenüber Staatswirtschaft und Staatsorganisation entgegen-
arbeiten und damit zu einem guten Teile auch einem, heut freilich über
Gebühr hervorgezogenen Uebelstande, dem Mangel des Vertrauens zu dem
Richter, vorbeugen.
Der Verf. geht von dem preussischen Gesetze vom 10. Aug. 1906 aus,
das nur ein Torso ist und m. E. die Spuren von Gleichgültigkeit oder Er-
müdung der gesetzgebenden Körperschaften gegenüber dem Stoffe der
juristischen Vorbildung nicht verleugnet. Er betont die Notwendigkeit
einer gründlichen Reform. Durch einen Ueberblick über die Auf-
gaben des verwaltungsrechtlichen Unterrichts legt er die Gründe für das
Ueberwiegen des privatrechtlichen klar. Aber ohne Scheu vor „überlegen-
spöttischer“ Ablehnung bekennt er sich zu der Auffassung, dass „das Privat-
recht in seiner zentralen Stellung nicht mehr zu halten sei“ (S. 31, aber
S. 55). Daran knüpft er den Plan einer „Verwaltungsakademie“ mit Vor-
schlägen zu ihrer Ausgestaltung im einzelnen, die weder eine Verlängerung
der Universitätsstudien noch des gesamten Vorbereitungsdienstes voraus-
setzen. Die Akademien sollen der Ausbildung und nicht der Fortbildung
dienen. Sie sollen sich dereinst an alle Universitäten anlehnen und 4 Kurse
umfassen, von denen die ersten beiden in die Studentenzeit, die andern in
die Referendarzeit fallen sollen. Der ersten Hälfte weist er zu: Geschichte
und Grundzüge des Verwaltungsrechts (4 Stunden), preussisches Verfassungs-
recht und Reichsstaatsrecht (je 4—6 St.), Völkerrecht (4 St.), sowie minde-
stens eine praktische Uebung — für die zweite Hälfte etwa 2 Uebungen
nebst einem Konversatorium. Auf beide Hälften wären als Sondervor-
lesungen zu verteilen: Organisation der Verwaltung (2 St.), Verwaltungs-
gerichtsbarkeit (2—3 St.), Gewerberecht (3—4 St.), Arbeiterversicherungs-
recht (2 St.), Verwaltungsrecht der Finanzen und Steuern (2—3 St.), Ko-
lonialrecht (1 Std.).
Diese Andeutungen werden das Ziel des Verfassers erkennen lassen,
dem er mit vorsichtiger Würdigung des Für und Wider zusteuert. Die
zahlreichen Auslassungen zu dem Thema aus der neueren Zeit sind ver-
arbeitet; der Verfasser zieht statistisches Material aus dem Lehrbetriebe